17. April 2012

Sachsesch Wält: „Palemitzker“ von Viktor Kästner

An einem Wasserlauf liegend, beobachtet der Dichter die samtigen, flauschigen Palmkätzchen samt dem Überschwang frühlingshafter Lebensfreude ringsum. Und in fast kindlich anmutender, heiterer Wortmelodie flicht er all diese Äußerungen, das Summen der Insekten, das Planschen des Wassergetiers und die Lust spielender Kinder um das Erhebende des Palmsonntags und seines Symbols, des Palmzweiges. Hanni Markel und Bernddieter Schobel
Viktor Kästner

Palemitzker

Als ich än dem Schäde låch
un er Suelwegd angden,
hun ich genst der Millebåch
Palemitzker fangden.
Wä se niechte
sich und biechten,
Neestchen än de Kämpel såhch.

Hadde Plemmcher wiech uch längd,
wä e klinzich Häsken,
dåte ken de Frähjohrswängd
schnuppert mät dem Näsken.
Ägewäckelt
und geschnäckelt
wore se, wä klinzich Kängd.

Båcher kåme guer erun,
hadden alle Hiesker,
stoppten ännär Hieftcher drun
und bekåme Riesker.
Wä se sommen,
wä se brommen,
hieme flejjen, wedrem kunn.

Flutter hadden´t komm gehiert,
kåme se gefliejen,
Flutter, dä um Blemmchen diert
ientern norr gesiejen.
Wä se floddern,
wä se ploddern,
pespre munch ie Läweswiert.

Palemitzker sen erschlafft
durch dess Schmiechelåen,
kennen alle wä verafft
nemmi rahich låen.
Wä se wänken,
wä se schnänken
mät dem Hieftchen än der Laft.

Purschen! Terft mer nemmermih
Palemitzker schnipsen,
läwer sellt er fräsch uch frieh
mät de Medchre flipsen.
Kennt jo spillen
längs de Millen
Zickermandel än dem Klie.

Gangen, ir! Huet er´t gehiert?
Terft mer nichent stiëhlen,
sellt et uch den åndern diert
un der Huech erziëhlen.
Kennt jo sängen,
kennt jo sprängen,
bäs de Fess er nemmi spiert.

Tummelt ich und fährt de Brokt
iwern Ålt mät Stienchern,
zärrt ich mät dem Ächo lokt,
klabbert un de Rienchern.
Kennt jo schlimpern,
kennt jo klimpern,
dränkt und ießt ich vol de Hokt.

Und ir Medcher! Dånzt und tapscht
än de Birkebäschkern,
tåmpelt än de Båch und grapscht
no de Ferrefäschkern.
Sellt net quixen,
wä mät Knixen
Kradder än de Kämpel hapst.

Medcher! Terft mer nemmermih
Palemitzker schnipsen;
läwer sellt er fräsch uch frie
mät de Pursche flipsen!
Klouwt ich Vålen,
kennt jo blålen
ir Gedëis, gebliecht wä Schnie.

Säht! Als Jesus zuch vol Fråd
än de hellich Stadt ze lihren,
da hatt allent Vuulk gestråt
Palemitzker äm ze Iehren.
Dräm lott wueßen
ännär Schueßen,
well der Hielånd iest draf tråt.

Lott et blähn, det Palemitzken,
datt et Bå uch Flutter matzt,
und äm Kämpel lott det Ritzken,
datt et drangder plotscht und ratzt:
Bäs um Stängel
wä en Ängel
Palemitzkens Bliëtche patzt.

Aus: Viktor Kästner: Gedichte in siebenbürgisch-sächsischer Mundart (herausgegeben von Adolf Schullerus). 2. Auflage, Hermannstadt: W. Krafft 1895, S. 33-37.

Erläuterungen des Herausgebers:
geschnäckelt: gelockt, kraus
schnipsen: klauen
flipsen: kichern, schäkern
Zickermandel: ein Fangspiel
de Brokt fähren: ein Kinderspiel
klabbert: klettert
Ferrefäschker: Forellen
blålen: bleueln (die Wäsche)
Ritzken: Entlein
ratzt: schnattert

Schlagwörter: Saksesch Wält, Mundart, Gedicht

Bewerten:

8 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.