19. November 2024
Eindrucksvolles Kulturprogramm beim 75-jährigen Jubiläum des Landesverbands Bayern in Nürnberg
Der Landesverband Bayern hat am 19. Oktober 2024 in der Meistersingerhalle Nürnberg gemeinsam mit dreitausend Gästen und hochrangigen Politikern, darunter der bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder und die rumänische Kulturministerin Raluca Turcan, sein 75-jähriges Jubiläum gefeiert. Die SbZ berichtete darüber, mit Fokus auf die Grußworte und Erfolgsgeschichte des Landesverbandes. In der aktuellen Ausgabe widmen wir uns der Feier des wohl schönsten Aspekts dieses Erfolges: dem Erhalt und der Förderung der reichen Kultur und Geschichte der Siebenbürger Sachsen in Bayern. Ein breites Kulturprogramm umrahmte und gestaltete somit auch das Jubiläum.
![Den Festakt eröffneten die Kindertanzgruppen der ...](/bild/artikel/normal/2024/jubilaeumsfeier278_2024.jpg)
Auf den Festakt wurden die Gäste schwungvoll eingestimmt von den Klängen der Blaskapellen des Landesverbandes Bayern, unter der Leitung von Siegfried Krempels. Es spielten gemeinsam die Siebenbürger Blaskapellen Augsburg, Landshut und Nürnberg, die Siebenbürger Banater Blaskapelle Ingolstadt und die Original Siebenbürger Blaskapelle München. Neben den Blaskapellen gestalteten die Tanzgruppen und Chöre des Landesverbandes Bayern das Programm.
Trotz seines stolzen Alters von 75 Jahren ist der Landesverband Bayern in vielen Bereichen erfreulich jung und bestens aufgestellt. Den Auftakt machte sodann auch die Zukunft des Landesverbandes, mit einem gemeinsamen Auftritt der Kindertanzgruppen der Kreisgruppen Augsburg, Herzogenaurach und München.
Passend zum freudigen Anlass zeigten, im Anschluss an die Begrüßung durch den Landesvorsitzenden Werner Kloos, die Tanzgruppe der Siebenbürger Sachsen Nürnberg und die Jugendtanzgruppe Nürnberg sowie die Jugendtanzgruppe Rosenheim den „Schaulustig“, eine Rundtanz-Polka. Nach der gefeierten Ansprache des Bayerischen Ministerpräsidenten freute sich das Publikum am „Sprötzer Achterrüm“, getanzt von der Jugendtanzgruppe Landshut, der Volkstanzgruppe der Kreisgruppe Bad Tölz-Wolfratshausen (Geretsried) sowie der Jugendtanzgruppe Ingolstadt. „In dr Mühli“ tanzten danach schwungvoll die Volkstanzgruppe Ingolstadt und die Projektgruppe Haferland, die von Werner Kloos und Astrid Göddert anlässlich der jährlichen Haferlandwoche in Siebenbürgen gegründet wurde.
„Uf am Rossboda“ ging es weiter, nach dem Grußwort der Kulturministerin Raluca Turcan, mit der Jugendtanzgruppe Herzogenaurach, der Jugendtanzgruppe München und der Trachtentanzgruppe Nadesch. Nach dem Grußwort des Präsidenten des Bundes der Vertriebenen, Dr. Bernd Fabritius, führte die Fränkische Volkstanzgruppe im Gerbirgsverein Loisachthaler Welkenbach in fränkischer Tracht eine Kreuzpolka auf, inklusive ein paar zünftiger Freuden-Jauchzer.
Die finale Tanzeinlage bot, nach dem Grußwort des Bundesvorsitzenden Rainer Lehni, die Vereinigte Siebenbürgische Tanzgruppe des Landes Bayern, die seit 2006 siebenbürgisch-sächsische Kultur unter der Hauptorganisatorin Gerlinde Zurl-Theil bei der Europeade präsentiert. Sie tanzte unter der Leitung von Ingrid Mattes den „Hetlinger Bandriter“.
![Aufmarsch der rund 400 Mitwirkenden der ...](/bild/artikel/normal/2024/jubilaeumsfeier174_2024.jpg)
Eine Geschichtsstunde der besonderen Art wurde sodann geboten, über ein anderes, eindrucksvolles Jubiläum: Das Andreanum, der Goldene Freibrief der Siebenbürger Sachsen, der sich heuer zum 800. Mal jährt. Die Historiker Dr. Harald Roth, Direktor des Deutschen Kulturforums östliches Europa, Potsdam, und Thomas Şindilariu brachten den Gästen dieses historische Ereignis auf unterhaltsame Weise und mit geradezu darstellerischem Können näher. In dem ebenso lehrreichen wie amüsanten Zwiegespräch konnten wir erfahren, dass König Andreas II. von Ungarn zwar als Herrscher nicht gerade der begnadetste war, im Gegenteil, ein „Loser“, ein Verlierer sei er gewesen, „[z]erfressen war er von Ehrgeiz und KEINES seiner Großprojekte ging irgendwie auf, weder Kreuzzug noch Ostexpansion seines Reiches! Fast das ganze Erbe des Arpadenhauses hat er durchgebracht, die Königsmacht ist zerbröselt!“, so Șindilariu. Jedoch war, wie Roth eindrucksvoll historisch aufgearbeitet darlegen konnte, gerade „[d]ie Schwäche dieses Königs auf lange Sicht das Glück der Siedler. Hätte er sein Reich nicht heruntergewirtschaftet und erst zwei Jahre vorher, 1222, dem Adel seines Landes alle nur denkbaren Rechte auf alle Zeiten zugesichert, so wäre er wohl kaum auf die Unterstützung durch die westlichen Siedler angewiesen gewesen“. So kam es 1224 zu dieser später „Andreanum“ genannten Urkunde, die die Rechte der deutschen Siedler des südlichen Siebenbürgens bestätigte und eine verlässliche Rechtsgrundlage schaffte. So geschickt war er immerhin, auf die Richtigen zu setzen. Jedoch war die darin festgeschriebene weitreichende Autonomie für jene Zeit nichts Einzigartiges. Erst die ihre konsequente Wahrung und ihr Ausbau im Laufe der Jahrhunderte macht sie zu etwas so Einmaligem: Die Sachsen in Siebenbürgen hielten zusammen, „sie sorgten mit Nachdruck und mitunter mit Waffengewalt dafür, dass ihre Territorien beisammenblieben, sie nahmen neue Gebiete auf und erwarben Orte in der Nachbarschaft: die Zwei Stühle mit Mediasch kamen dazu, das Nösnerland mit Bistritz, schließlich das Burzenland mit Kronstadt. Und alle Versuche von Königen wie von Woiwoden, sich Stücke aus dem immer opulenteren Kuchen der deutschen Siedler herauszuschneiden, wurden entschlossen und erfolgreich, auch mit Waffen abgewehrt. Die auf dem Andreanum fußende Gemeinschaft wurde daher nicht schwächer, sondern immer stärker – weil sie zusammenhielt“, so Roth. Die hervorragende Wanderausstellung des Deutschen Kulturforums östliches Europa zu diesem Thema war ebenfalls in der Meistersingerhalle zu sehen.
Eines fehlte dann noch, für die siebenbürgische Seele: der Gesang. Nicht erst seit dem von Angelika Meltzer und Rosemarie Chrestels herausgegebenen Buch wissen die Siebenbürger „A Liedchen hälft ängden“ – ‚Ein Liedchen hilft immer‘, und so finden sich einige herausragende Chöre und Chörchen im Landesverband Bayern. 81 Sänger boten unter der Leitung von Angelika Meltzer mit ihrer Darbietung einen melodischen Ausklang und wahren Höhepunkt dieses Festaktes. Der Augsburger Chor und der Siebenbürgische Liederkranz Nürnberg waren mit über 20 Personen vertreten, 15 waren vom Fürther Chor dabei, Sänger aus Rosenheim, München und Regensburg ergänzten den Gemeinschaftschor. Diese wahre Mammutleistung wird noch großartiger, wenn man bedenkt, dass sich der Chor erst am Tag des Jubiläums bei seiner ersten und einzig gemeinsamen Probe sah und hörte. Davor wurde daheim geübt, nach den Partituren und den Stimmauszügen, die Angelika Meltzer im Juni an die Teilnehmer geschickt hatte. „Mir fielen ganz schnell ein paar Steine aus dem Herzen, denn die einzelnen Stimmen waren gut ausgeglichen. Die Männer in der letzten Reihe zogen alle Register und stützten den Chor der vielen Frauenstimmen ausreichend“, erklärte die Chorleiterin im Nachgang. „Für alle war das Singen in so einem stimmgewaltigen Chor ein einmalig schönes Erlebnis. Etliche berichteten von Gänsehautgefühl, besonders auch bei den anschließenden Hymnen.“
Kultur war jedoch auch nach dem Festakt geboten, mit dem Mundarttheater der Gruppe aus Ingolstadt, die mit dem Stück „De Diätkur“ für große Begeisterung und einen restlos vollen Saal sorgte. Ganz besonderer Beliebtheit erfreuten sich auch die Ausstellungen im Foyer der Meistersingerhalle. Für Freude und Bewunderung der Handwerkskunst sorgten die Exponate der von Roswitha Kepp organisierte Schau „Siebenbürger Sachsen immer gut beHAUPTet unterwegs“. Der Begleittext zu Ausstellung erläuterte die Bedeutung von Tracht und Kopfschmuck für die Siebenbürger Sachsen: „Tracht und Brauchtum waren in Siebenbürgen untrennbar verbunden. […] Die einzelnen Trachten sind, ähnlich wie die Mundart, sehr verschieden und werden von den einzelnen Ortschaften geprägt. Gleichwohl kann man gewisse ähnliche Merkmale in den geographischen Landschaften finden: über Burzenland, die Repser Gegend, das Harbachtal, die Hermannstädter Gegend, den Unterwald und das Weinland nach Nordsiebenbürgen in der Nösner Gegend, ebenso gibt es die Eigenheiten der Landlertracht aus der Hermannstädter Gegend.“ Viele der kunstvollen, in wochenlanger Arbeit eigens für den großen Tag angefertigten Kopfbedeckungen konnten die Besucher bewundern.
Viel Bewunderung und Anregung zum Austausch löste auch Sieglinde Botteschs „Hexenzyklus“ mit Illustrationen zu Mythologie und Historie aus. Mit der anspruchsvollen und ansprechenden Mischung aus intelligenter Beobachtung, humor- und seelenvoller Reflexion sowie höchstem künstlerischen Geschick, das den Werken dieser vielfach ausgezeichneten siebenbürgischen Malerin, Grafikerin und Objektkünstlerin zu eigen ist, entführen die Werke in die dunkle, beklommene Welt der Hexenverfolgung, in der Gesichter und die Wahrheit fratzenhaft verzerrt sind. Ein Text von Ricarda Terschak, mit Originalzitaten aus einem Hermannstädter Hexenprozess, sind Grundlage dieses Zyklus. „Die Bilder können als Mahnung verstanden werden, für das Unrecht, das Menschen anderen Menschen zufügen. Auch heute noch, leider!“, so Sieglinde Bottesch im Katalog zur Ausstellung.
Eine ganz besondere Freude und Ehre war es für den Landesverband Bayern, Radu Anton Maier, den international anerkannten Maler, Grafiker, Zeichner und Buchillustrator, beim Jubiläum zu begrüßen und den Gästen seine Werke „Zwischenwelten“ zu präsentieren. Maiers surrealistische Kunst zeichnet ihn als Meister der imaginären Welt aus, ob Akt, Blumen, Portraits oder Landschaften. Atemberaubend, expressiv und, in der Sujet- wie auch in der Farbgestaltung, berückend intensiv sind seine meisterhaften Werke in Acryl. Schön und verstörend zugleich, die eigene Phantasie wird bei der Betrachtung sofort in Gang gesetzt. Radu Anton Maier (geboren 1934 in Klausenburg) ist ein herausragender Vertreter seiner Künstlergeneration, der kürzlich mit dem Kultur-Verdienst-Orden Rumäniens im Rang eines Kommandeurs ausgezeichnet wurde.
Dr. Iris Oberth
Danksagung zum 75. Geburtstag des Landesverbandes Bayern
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Landsleute, liebe Gäste, jetzt, nachdem einige Tage seit unserer Jubiläumsfeier vergangen sind, möchte ich mich für das wunderschöne und gelungene Fest des Landesverbandes Bayern des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. bedanken. Wir haben am 19. Oktober in der Meistersingerhalle in Nürnberg einen unvergesslichen Tag erlebt, der uns noch lange in Erinnerung bleiben wird.Mein Dank gilt zunächst dem Festkomitee, das mit großem Engagement und Liebe zum Detail diesen Tag geplant und organisiert hat. Bei Andrea Wagner, der guten Seele unseres Landesverbandes, liefen sämtliche Informationen und Fäden zusammen. Es galt, unzählige Termine zu koordinieren und Online-Besprechungen zu organisieren. Danke für diesen großartigen Einsatz. Es war zu spüren, wie viel Herzblut in dieses Fest eingebracht wurde – jeder Moment war wunderbar gestaltet und hat das Beste unserer Gemeinschaft hervorgehoben.
Ein großes Dankeschön an Pfarrerin Melitta Müller-Hansen und Bischofsvikar Dr. Daniel Zikeli, an die Organistin Ilse Maria Reich und Christoph Reich. Ihre Worte, ihre Musik haben uns tief berührt, zum Innehalten eingeladen und uns die Bedeutung unserer Gemeinschaft und unseres Glaubens auf eine besondere Weise nahegebracht. Mit ihrem Beistand, ihren Gedanken und ihrer musikalischen Begleitung haben sie unserem Fest eine einzigartige, geistige Tiefe verliehen. Ebenso danke ich allen Kulturgruppen und Ausstellern, die mit ihren Darbietungen und Exponaten unsere Traditionen lebendig gemacht haben. Ihre Beiträge waren voller Leidenschaft und haben uns auf die Wurzeln, die uns verbinden, stolz gemacht.
Ein besonderer Dank gilt den politischen Vertretern, die durch ihre Anwesenheit und ihre Worte ihre Wertschätzung für unsere Gemeinschaft gezeigt haben. Ihre Unterstützung und Verbundenheit bedeuten uns sehr viel.
Ein großer Dank geht an das Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen, ohne die wohlwollende Förderung wäre es nicht möglich gewesen, das Jubiläum in dieser Form zu realisieren. Mit Unterstützung des Kulturwerks und des bayerischen Sozialministeriums konnten wir ein Fest gestalten, das nicht nur die Geschichte und die Tradition der Siebenbürger Sachsen würdigte, sondern auch unsere Gemeinschaft stärkte.
Danke sage ich auch allen Sponsoren, die unsere Festschrift mit einer Spende unterstützt haben. Mit Ihrer Hilfe konnten wir nicht nur die Geschichte und Erfolge der letzten 75 Jahre festhalten, sondern auch einen wertvollen Beitrag zur Bewahrung unserer Traditionen und zur Stärkung unserer Gemeinschaft leisten. Die Broschüre „75 Jahre gemeinsam unterwegs“ ist kostenlos in unserer Landesgeschäftsstelle in München erhältlich.
Ein besonderer Dank gilt unserer charmanten Moderatorin, Dr. Iris Oberth, die mit viel Herz und Professionalität durch das Programm geführt und die Stimmung des Tages perfekt eingefangen hat.
Abschließend danke ich allen Gästen, die diesen Tag durch ihre Anwesenheit bereichert und ihm eine so fröhliche und familiäre Atmosphäre verliehen haben. Jeder Einzelne hat dieses Jubiläum zu einem Fest unserer Gemeinschaft gemacht. Nochmals ein herzliches Dankeschön an alle, die zu diesem gelungenen Jubiläum beigetragen haben!
Werner Kloos, Landesvorsitzender
Schlagwörter: Bayern, Jubiläum, Kulturprogramm, Danksagung
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