22. Juli 2009

Meinungsaustausch mit SPD-Fraktion im Maximilianeum

Der Bund der Vertriebenen (BdV) hat am 8. Juli auch im Namen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Franz Maget, MdL, die Mitglieder des BdV-Landesvorstandes und die Landesvorsitzenden der Landsmannschaften zu einem Meinungsaustausch mit der Vertriebenenpolitischen Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Christa Naaß, MdL, in den Bayerischen Landtag geladen.
Erörtert wurden die Belange der Vertriebenen und Aussiedler betreffende, politische Fragen. An dem Gespräch nahmen neben Franz Maget und Christa Naaß auch Johanna Werner-Muggendorfer, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Mitglied des Ältestenrats, und Prof. Dr. Peter Paul Gantzer, Vizepräsident des Bayerischen Landtags und Mitglied des Ältestenrats, teil. Der Verband der Siebenbürger Sachsen war durch den Bundesvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius, Mitglied des BdV-Landesvorstands, und die Landesvorsitzende in Bayern, Herta Daniel, vertreten. Dieser Dialog soll fortgesetzt werden.

Christa Naaß, die die Tagung moderierte, hieß alle Anwesenden herzlich willkommen. Sie hob die Bedeutung solcher Gespräche zwischen Vertretern der SPD und den Landsmannschaften hervor. Diese sollen dem besseren Verständnis füreinander dienen und helfen, gemeinsame Ziele und Projekte auszuloten. Naaß sprach auch die Vorurteile offen an, die jahrelang die Zusammenarbeit zwischen dem BdV und der SPD belastet hätten, und vertrat die Meinung, dass nur ein gemeinsamer Dialog den Weg zueinander ebnen könne. Der BdV-Vorsitzende in Bayern, Landrat Christian Knauer, hob die zwischenzeitlich in Bayern gut funktionierende Zusammenarbeit mit der SPD hervor und appellierte an die anwesenden SPD-Vertreter, auf ein ähnlich gutes Miteinander auch in allen anderen Bundesländern hinzuwirken.
SPD-Empfang im Bayerischen Landtag, erste Reihe, ...
SPD-Empfang im Bayerischen Landtag, erste Reihe, von links: Harald Güller, Parla­men­ta­ri­scher Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Herta Daniel, Landesvorsitzende, Christa Naaß, Vertriebenenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Bernd Fabritius, Bun­des­vorsitzender, Christian Knauer, BdV-Landesvorsitzender, und Franz Maget, SPD-Frak­tions­vorsitzender (zweite Reihe, Zweiter von links).
Herta Daniel griff die vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Franz Maget erwähnte, langjährige gute Zusammenarbeit zwischen Sozialdemokraten und Vertriebenen bzw. Aussiedlern auf und konkretisierte diese anhand einiger Beispiele. So seien die in den letzten Jahren von Landrat Eberhard Irlinger (SPD) veranstalteten „Abende der Heimat“ im Landkreis Erlangen-Höchstadt von Vertriebenen und Aussiedlern sehr gut angenommen worden und es wäre im Sinne aller, solche Abende auch in anderen Orten stattfinden zu lassen. Die Stadt Nürnberg betreibe eine sehr gute Aussiedlerpolitik, es finden jährlich „Aussiedlerkulturtage der Stadt Nürnberg“ statt. Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly (SPD) schätze die kommunalpolitische Verantwortung, der sich Vertreter der Aussiedler stellen. Dies habe Maly in seiner Ansprache anlässlich der diesjährigen Aussiedlerkulturtage am 20. Juni betont. Herta Daniel stellte die Frage in den Raum, ob sich die SPD für „Aussiedlerkulturtage“ auch in anderen Orten Bayerns einsetzen würde.

Bundesstiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“

Ein wichtiger Themenkomplex des Gespräches war die Bundesstiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“. Christian Knauer umriss den aktuellen Stand dieses Projekts, unterstrich die Bedeutung der getroffenen Entscheidungen und brachte zum Ausdruck, dass er von der SPD den Vollzug des Gesetzes zur Errichtung des Dokumentationszentrums erwarte. Franz Maget, der als einziger Politiker dem Beirat der Bundesregierung für die Errichtung eines „Sichtbaren Zeichens gegen Vertreibung“ in Berlin angehörte, erläuterte die zustimmende Haltung der SPD zum Dokumentationszentrum, pflichtete Knauers Ausführungen bei und würdigte die vor kurzem getroffenen Entscheidungen des BdV hinsichtlich der Besetzung des Stiftungsrates als klug. Er machte deutlich, dass er die Anschuldigungen einiger Vertreter Polens an die Adresse Erika Steinbachs als unangebracht einstufe. Der Bundesvorsitzende Dr. Bernd Fabritius rundete dieses Thema ab und bat darum, während der politischen Debatte möglicherweise entstandene Missverständnisse auszuräumen. Die Haltung einiger Spitzenvertreter, die sich einseitig gegen die Heimatvertriebenen und Aussiedler positioniert hätten, sei den betroffenen Opferverbänden nicht vermittelbar.

Fördermittel - Jugend

Bezug nehmend auf § 96 BVFG betonte Christian Knauer, dass es kein Fehler sei, wenn institutionelle Förderungen gewährt würden. Knauer erwähnte die Bemühungen der SPD, diesbezüglich in Bayern etwas voran zu bringen. Die bayerische SPD-Fraktion hatte mit ihrem Änderungsantrag vom 25. Februar 2009 zum Haushaltsplan 2009/2010 eine zusätzliche Förderung von Verbänden und kulturellen Einrichtungen der deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge im Sinne des § 96 BVFG beantragt.

Erörtert wurde auch das Verhältnis mit dem Jugendverband in der SPD (JUSO). Hier seien zum Teil noch Vorurteile vorhanden, die ausgeräumt werden müssten. Fabritius begrüßte den geplanten engeren Kontakt der Jungsozialisten mit den Jugendorganisationen unserer Verbände, weil dadurch Vorurteile auf beiden Seiten ausgeräumt werden könnten. Der Dialog mit der SPD sollte auch mit jungen Aussiedlern geführt werden, fand Herta Daniel. Die Landesvorsitzende schlug vor, diese zu einem ähnlichen Meinungsaustausch mit Vertretern der SPD-Landtagsfraktion einzuladen, um sich durch Gespräche kennenzulernen. Sie regte ferner an, junge Aussiedler an einem normalen Arbeitstag eines oder mehrerer SPD-Landtagsabgeordneten teilhaben zu lassen. Dadurch könne auch Interesse an der politischen Arbeit geweckt werden. Einige der anwesenden Vertreter der anderen Landsmannschaften bedauerten, dass eine Jugendarbeit so gut wie nicht existiere.

Verbindung mit den Herkunftsgebieten

Die Vertreter der anderen Landsmannschaften thematisierten Fragen der Integration und des Umgangs mit der Geschichte in den Herkunftsgebieten. Christian Knauer betonte, dass der BdV keine Diskussion um Grenzen eröffnen wolle, sich an den 2+4-Vertrag halte, er es aber als notwendig erachte, einen Ausgleich für die 12 bis 15 Millionen Menschen zu schaffen, die die größte Last der Kriegsfolgen zu tragen hatten. Der Vertreter der Oberschlesier plädierte dafür, um Vergebung zu bitten und zu vergeben. Nur so sei ein künftig geeintes Europa möglich. Im Laufe des Gespräches wurde deutlich, dass es in den meisten Herkunftsländern mit der Minderheitenpolitik und der objektiven Darstellung der Geschichte des 20. Jahrhunderts nach Meinung einiger Anwesenden nicht zum Besten bestellt sei. Rumänien hingegen habe in diesem Zusammenhang einen von allen als positiv eingestuften Weg eingeschlagen. Franz Maget wies auf die Europäische Kulturhauptstadt 2007 Hermannstadt hin. Die Stadt am Zibin habe dabei als Aushängeschild dieses neuen EU-Mitgliedsstaates fungiert. Er betonte die Einzigartigkeit in dieser politischen Landschaft: ein deutscher Bürgermeister, der als Repräsentant einer Minderheit von der rumänischen Bevölkerung gewählt wurde. Maget war zusammen mit Christa Naaß und einer SPD-Delegation in verschiedenen jungen EU-Mitgliedsstaaten wie Rumänien und Tschechien, wo man mit Vertretern von zahlreichen Institutionen politische Gespräche geführt hat. Die SPD in Bayern will sich als Schrittmacher für eine Normalisierung der politischen Beziehungen zwischen Bayern und Tschechien engagieren. Christian Knauer rief dazu auf, bei Besuchsreisen in die alte Heimat das Gespräch mit den dortigen Vertretern der deutschen Minderheit zu suchen, um so zum Miteinander in einem vereinten Europa beizutragen.

Franz Maget bedankte sich in seinem Schlusswort bei allen Teilnehmern für das sehr konstruktive, teilweise auch kontroverse Gespräch und vor allen Dingen für die eingebrachten Anregungen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende versprach, das Notwendige für deren Umsetzung zu veranlassen. Christa Naaß betonte, dass dieser Dialog fortgesetzt werden soll – auch in den Herkunftsgebieten wie Polen, Tschechien und Siebenbürgen.

Schlagwörter: Politik, Bayern, BdV

Bewerten:

12 Bewertungen: +

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.