8. März 2013

Einmal um die ganze Welt segeln

Seit Mai 2011 legte Dietmar Gross rund 18000 Seemeilen zurück, um seinem Ziel näher zu kommen. Der 58-jährige Abenteurer kämpft gegen Wind, Wellen und Sonnenbrand, empfindet ein nie gekanntes Gefühl der Freiheit, wenn er mit Delfinen und Wale um die Wette segelt. Aktuell liegt die „Allegra“, eine zwölf Meter lange Yacht, die er zum Einhandsegler umbaute, im Hafen von Brisbane/Australien. „Ausruhen nach all den Strapazen auf dem Wasser“ will sich Gross zurzeit im heimischen nordrhein-westfälischen Bielstein. Erst im Mai, wenn die Wirbelstürme in Australien nachlassen, soll die Fahrt weitergehen.
Entspannt sitzt Dietmar Gross in seinem Wohnzimmer, erzählt schmunzelnd: „Als ich nach all den Monaten durch die Südsee, die bei Seglern als Barfußstrecke bekannt ist, wieder Schuhe angezogen habe, bin ich wie auf Eiern gelaufen.“ Anfang Juni 2012 fliegt Ehefrau Marianne nach Papeete/Tahiti, geht an Bord der „Al­legra“, teilt für sieben Monate mit ihrem Mann den Traum der Weltumseglung. „Unbeschreibliche Lebensfreude und große Glücksgefühle überfielen uns, wenn wir an Land gegangen sind“, so die Bankangestellte, die sich für diese Zeit hat beurlauben lassen. Dietmar Gross und Marianne, geborene Schuster, sind beide in Reps geboren. 1985 kamen sie nach Deutschland. Bevor sie nach Bielstein zogen, wohnten sie in Drabenderhöhe.

Ein Blick zurück: Im Mai 2011 startet der damals 57-jährige Diplom-Ingenieur von Holland aus durch den Ärmelkanal bis zum englischen Hafen Falmouth. Er segelt weiter durch die Biskaya, verlässt über Portugal den Kontinent, überquert den Atlantik, ankert vor Madeira, Lanzarote, den Kap Verden, ist neun Tage am Stück unterwegs. „Es gab Tage, an denen der Ozean mir zeigte, was er kann.“ Sechs bis sieben Meter hohe Wellen flößten ebenso Respekt ein wie das Fauchen und Pfeifen des Windes. Es gab auch brenzlige Situationen, beispielsweise als nachts ein Squall kam, ein Wetterphänomen mit plötzlich hohen Windstärken und sintflutartigem Regen. Sobald Gross die Treppe hoch ins Cockpit steigt, schnallt er sich an. Die Sicherheitsleine reicht, um bei jedem Wetter alle Geräte bedienen zu können. Aus Sicherheitsgründen schläft der Einhandsegler nie länger als eine halbe Stunde am Stück, trotz Ausrüstung mit AIS (Automatik Identification System) und Radar. „Freude, Glück und Stolz“ erfüllen Gross, als er am 16. Dezember 2011 die karibische Insel Martinique erreicht, nachdem er 17 Tage nonstop auf dem Atlantik unterwegs war.
Das Ehepaar Dietmar und Marianne Gross, heute ...
Das Ehepaar Dietmar und Marianne Gross, heute Bielstein, auf ihrer Yacht „Allegra“.
Von Martinique aus kreuzt Gross die Vincent- und Bonaire-Inseln: „Ein Paradies für Taucher und Schnorchler.“ Auf dem Weg nach Panama macht er Halt bei den Kuna-Indianern auf San Blas. „Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Indianer leben im Einklang mit der Natur, achten auf Erhalt der Tradition. Sie sind klein, quirlig und geschäftstüchtig. Für zwei Wochen Ankern berechnen sie 600 Euro Gebühren.“

Von den Galapagos aus geht es über 3100 Seemeilen zu den Marquesas, Französisch-Polynesien. Mit 31 Tagen die längste Strecke der Weltumseglung und „der Ozean glatt wie ein Teich, totale Windstille“. Täglich telefoniert oder mailt der 58-Jährige mit seiner Frau. So erfährt sie von der ersten großen Panne mit dem Schiff: Der lebenswichtige Windpilot ist defekt. Eine Schraube hat sich gelöst. Aus einem mitgeführten Stück Rohr fertigt der ehemalige Ingenieur eine neue an. „Wenn man das nicht kann, darf man sich auf solch ein Abenteuer nicht einlassen“, sagt er.

Bei der zweiten Panne ist Marianne Gross mit an Bord. Als die Eheleute Richtung Cook-Inseln aufbrechen, hören sie am ersten Abend auf See einen lauten Knall. Sie laufen an Deck, sind geschockt. Das Vorstag, das den Mast des Segelschiffs in seiner Position nach vorne halten soll, ist beschädigt. „Alles war locker. Der Mast konnte brechen, das ganze Schiff in Gefahr bringen“, so Dietmar Gross. „Wir haben den Mast gesichert, sind zurück in den Hafen von Raiatea, wo eine Werft ist.“ Die 13-stündige Rückfahrt ist unangenehm: Wind und Wellen kommen von vorne, der Motor schafft nur drei Knoten die Stunde. Vier Wochen warten sie auf das Ersatzteil aus Neuseeland. Danach geht es über Neukaledonien nach Australien, sie ankern in der Marina von Brisbane. Mit dem Auto legen die Eheleute rund 5000 km zurück, um Land und Leute kennen zu lernen. Obwohl die Reise unvergesslich traumhafte Eindrücke hinterließ, können die Eheleute sich nicht vorstellen auszuwandern. Wenn alles so klappt, wie Dietmar Gross es sich vorstellt, will er im August 2014 seine Weltumseglung beendet haben und wieder zu Hause im oberbergischen Bielstein sein.

Ursula Schenker

Schlagwörter: Reise

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