6. Januar 2009

Leserecho: Bachchor nicht der erste Klangkörper in Kronstadt

Zum Bericht „Kronstädter Bachchor wurde 75 Jahre alt“ in der Siebenbürgischen Zeitung Online vom 31. Oktober 2008.
Zunächst muss auf die erfreuliche Tatsache hin­gewiesen werden, dass aus Anlass der 75. Wieder­kehr seines Gründungsdatums die Geschichte des Kronstädter Bachchors wieder in das heutige Bewusstsein gerückt und dabei die Verdienste seines Gründers Victor Bickerich und seiner durch drei Generationen nachfolgenden Ver­treter der Familie Schlandt gebührend gewürdigt wurden. Leider haben sich in diesem Jubi­läums-Aufsatz aber einige Unrichtigkeiten eingeschlichen, die einer Berichtigung bedürfen.

Zunächst geht es um die Behauptung, Bicke­rich habe zur Zeit seines Dienstantrittes in Kron­stadt über keinen Klangkörper verfügen können, der im Stande gewesen wäre, „die großen Oratorien problemlos bewältigen zu können“. Ein gründliches Quellenstudium hätte er­geben, dass der hier erwähnte „Kronstädter Män­nerge­sangverein“ unter Bickerichs Vorgängern Rudolf Lassel und Paul Richter manch große Oratorien, wie Haydns „Schöpfung„ und „Jahreszeiten“, „Elias“ von Mendelssohn, „Deutsches Requiem“ von Brahms oder „Te Deum“ von Bruckner zu Gehör gebracht hatte.

Außerdem hätte sich ergeben, dass Bickerich sich bei der ersten Aufführung der Bach’schen Matthäus-Passion im Jahre 1924 auf eben diesen Männergesang­verein stützen konnte und dass er diesen Chor selbst 13 Jahre lang als Erster Chormeister geleitet hatte. Wenn der Verein „lieber Aus­schnitte aus Opern und Operetten“ aufführte, mag das für die Frühgeschichte des Vereins zutreffen, nicht aber für die letzten Jahrzehnte, in denen, außer den bereits ge­nannten Orato­rien, die folgenden Opern ungekürzt, also nicht nur in „Ausschnitten“, dargeboten wurden: „Freischütz“ von Weber, „Fidelio“ von Beetho­ven, „Tannhäuser“ und „Fliegender Holländer“ von Wagner, „Carmen“ von Bizet und „Die lustigen Weiber“ von Lortzing – die beiden letzteren sogar unter Bickerichs persönlicher Leitung! Dass Beethovens 9. Symphonie bei der Aufzäh­lung der „größeren Werke“ nicht fehlen darf, sei nur am Rande erwähnt.

Um nicht missverstanden zu werden: Zweck dieser Zeilen war vor allem, einige unrichtige Behauptungen zurechtzurücken. Da sie in erster Reihe die Vorgeschich­te des Bach­chors betrafen, wollten sie keineswegs dessen großartige Verdienste schmälern. Der stolze Rückblick auf ein dreiviertel Jahrhun­dert Chor­geschichte, den unsere Zeitung veröffentlicht hat, darf zum Anlass genommen werden, dem Kronstädter Bachchor auch von dieser Stelle aus zu gratulieren und die besten Wün­sche für sein weiteres erfolgreiches Wirken auszusprechen.

Adolf Hartmut Gärtner, ehemals Chormeister des KMGV (München)

Schlagwörter: Leserecho, Kronstadt, Chor

Bewerten:

8 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.