12. April 2009

Ostern ist ein Fest des Glaubens

In der Passionszeit wird an den Leidensweg Christi erinnert. Auch wenn die, zuweilen von reinen Gesundheitsbestrebungen geprägten, Aktionen mit „sieben Wochen ohne“ zur Passion Christi keinen Bezug haben, so erinnern sie doch an die Fastengebote der alten Kirche: Enthaltsamkeit, Nachdenken über den Sinn des Lebens, aus der Betriebsamkeit des Alltages zu sich selbst finden, unsere Verantwortlichkeit für Gottes Schöpfung und seine Geschöpfe neu vergegenwärtigen, das sind die Inhalte der Passionszeit.
Gründonnerstag und Karfreitag sind besondere Tage für die Christen, um das Heilige Abendmahl zu feiern. Der Herr der Kirche hat es vor seinem Tod eingesetzt und lädt selbst immer wieder in seine Gemeinschaft ein, zu seinem Gedächtnis, zur Vergebung, zur Versöhnung und zum Leben.

Der unfassliche Leidensweg Jesu, der am Kreuz auf Golgatha sein Ende fand, mündet in das unbeschreibliche Geschehen am Ostermorgen. „Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!“ Mit diesem Ostergruß ist eigentlich alles gesagt.
Auferstehungsfenster, Ev. Kirche St. Bernhardt in ...
Auferstehungsfenster, Ev. Kirche St. Bernhardt in Esslingen, Entwurf Ernst H. Graeser: (Kronstadt 1884 - Stuttgart 1944); Fertigung Kunstglaserei Adolf Saile, 200 x 80 cm; Übergabe an die Gemeinde am 5. März 1939. Foto: Albrecht Vaihinger
Künstler aller Zeiten haben das Geschehen am Ostermorgen in eigener Weise nachempfunden und in Farben dargestellt. So der aus Siebenbürgen stammende Maler Ernst Graeser (1884-1944) in dem hier abgebildeten glasgemaltem Chorfenster in der Sankt-Bernhard- Kirche in Esslingen. Er hat diese Arbeit vor 70 Jahren, am 5. März 1939, der Gemeinde in Esslingen übergeben, sechs Jahre vor seinem Tod.

Die mehrfarbige Darstellung weist auf Christus, den Herrn der Welt. Der untere Teil weist mit den zwei Wächtern in irdischen Farben – braun, grau, oliv – auf die Welt der Vergänglichkeit und des Todes. Der eine Wächter links scheint wie betäubt, ist abwehrend und will nichts annehmen von dem überirdischen Blau, das nur seinen Schild trifft. Der andere Wächter dagegen beugt sich, wenn auch erschrocken, auf den Weg zu Füßen des Auferstandenen, den Weg hinein in die (im mittleren Teil angedeutete) erlöste und von Christus verklärte Welt.

Darüber leuchtet die obere Welt, in der der Auferstandene lebt ohne Verhüllung und in der alles Irdische zurückgelassen ist. Der Maler stellt damit nicht das einmalige Geschehen in Jerusalem dar, sondern die ewige Botschaft der Kirche vom auferstandenen Christus, „der da lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit“. Er nimmt den Betrachter hinein in das Fest des Glaubens.

Karfreitag und Ostern liegen eng beieinander. In diesem Geschehen widerspiegelt sich das wirkliche Leben, in dem auch Ereignisse stattfinden, die nicht zu verstehen und nicht zu erklären sind.

Die Berichte der letzten Wochen über den Amoklauf in Winnenden, der den Tod von 16 jungen Menschen zur Folge hatte, waren geprägt von Fassungslosigkeit, Entsetzen, Trauer, Verzweiflung und Tränen. Die Menschen zünden vor der Schule tausende von Kerzen an, legen Blumen nieder und versammeln sich zu Gottesdiensten und Andachten in den Kirchen, um Trost und Hilfe, aber auch Antworten auf die vielen Fragen zu dem unbegreiflichen Geschehen zu bekommen. Für die betroffenen und trauernden Familien wird es noch ein langer Leidensweg mit quälenden „Warum-Fragen“ sein. Die Anteilnahme reicht weit über die Landesgrenzen hinaus und wird Hilfe sein für einen noch Jahre dauernden Trauerprozess.

Nach jedem Karfreitag kommt der Ostermorgen. Dieser hat weit mehr zu verkünden, als die beliebten Frühlingssymbole zum Ausdruck bringen können. Der Ostermorgen, an dem der Engel den Traurigen und Weinenden, den Suchenden und Zweifelnden zuruft: „Christus ist auferstanden.“ Wohl allen, die bekennen können: „Er ist wahrhaftig auferstanden.“

So wünsche ich Ihnen, liebe Landsleute, liebe Leserinnen und Leser unserer Zeitung, gute, frohe, im Glauben und in der Liebe stärkende Ostertage.

Hermann Schuller, Dekan i.R., Vorsitzender des Hilfskomitees

Schlagwörter: Kirche und Heimat, Ostern

Bewerten:

9 Bewertungen: +

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.