24. Oktober 2009
Rumänische Revolution von 1989 – 20 Jahre danach
20 Jahre nach der Revolution in Rumänien bot ein Vortrag am 6. Oktober in den Räumen des Generalkonsulates Rumänien in München eine gute Gelegenheit, die Ereignisse von damals aus heutiger Sicht zu analysieren. Referentin war die mehrfach mit Preisen und Orden ausgezeichnete bekannte Politikwissenschaftlerin Dr. Anneli Ute Gabanyi, die das Interesse einer breiten Zuhörerschaft erweckte. Sie begleitete bereits seit den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Entwicklungen in Rumänien mit brillanten Analysen und Veröffentlichungen und beriet im Rahmen ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Referentin an der Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin, aufgrund eigener Forschung und Expertise Politiker aus Bundestag und Bundesrat in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik.
Die Gastgeberin, Generalkonsulin Brândușa Predescu, unterstrich einführend die Bedeutung der Ereignisse in Rumänien von 1989 und die Entwicklung in den folgenden 20 Jahren. Sie begrüßte die Tatsache, dass diese Veranstaltung gemeinsam mit dem Landesverband und der Kreisgruppe München des Verbandes der Siebenbürger Sachsen organisiert wurde.
Nach einer kurzen Würdigung des beeindruckenden Wirkens auf dem Gebiet der Politikwissenschaften von Dr. Gabanyi durch Herta Daniel, Vorsitzende der Landesgruppe Bayern, führte die Referentin die Zuhörer in das Jahr 1989, als Osteuropa von einer gewaltigen Demokratisierungswelle erfasst wurde, die Welt den Atem anhielt und wir alle Geschichte miterlebten.
An den Anfang ihrer Ausführungen stellte Dr. Gabanyi Erläuterungen aus der Revolutionsforschung. Die Zuhörer erfuhren, dass die moderne Revolutionsforschung zwischen der klassischen Revolution wie z. B. der Französischen Revolution und der stark mediengeprägten Revolution neueren Typs, beginnend mit der Revolution im Iran mit Aufrufen zum Kampf durch externen Input, unterscheide. Die europäischen Revolutionen von 1989 stellen eine eigene Kategorie dar, deren Gemeinsamkeiten im „Jahr der Wunder“ 1989 und vernetzten Prozessen zu sehen seien.
Gabanyi verdeutlichte drei wichtige, parallel laufende Stränge: Diese Revolutionen waren gegen die Sowjetunion, die herrschenden Regime und die kommunistischen Systeme gerichtet. Der Zerfall der betroffenen Staatsformen stelle keinen historischen Zufall dar, sondern das Werk politischer Kräfte. Eine Neuorientierung des Warschauer Paktes und der NATO machte die Revolutionen von 1989 erst möglich.
Die Spannung der Erinnerung an die Dramatik von 1989 war im Raum sichtlich spürbar, als die Referentin nach einem kurzem Resümee der bekannten Ereignisse im Dezember 1989 in Rumänien diese auch analysierte und aus heutiger Sicht anhand von Forschungsergebnissen und zwischenzeitlich vorliegenden Belegen im gesamteuropäischen Kontext interpretierte.
Dr. Gabanyi verdeutlichte die Unterschiede der Revolutionen von 1989 und arbeitete anhand dieser Unterschiede die Sonderrolle Rumäniens heraus. Während einige Revolutionen unblutig verliefen (Tschechien, DDR) oder erzwungen wurden (Bulgarien), stelle die rumänische Revolution einen instrumentalisierten Staatsstreich dar, der auf einen vorausgegangenen Aufstand der Bevölkerung aufsetzte.
Die Ursachen der Einmaligkeit der Revolution in Rumänien liegen laut Gabanyi in der ideologischen Eigenständigkeit der Kommunistischen Partei Rumäniens, die bereits in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts zur Verfolgung eines autonomen Kurses in der Wirtschafts- und Außenpolitik führte. Die außenwirtschaftliche Hinwendung Rumäniens zum Westen scheiterte in der Folge der Ölkrise in den 70er Jahren. Die Geldgeber zwangen Rumänien, seine Schulden in Höhe von 11,8 Milliarden Dollar zurückzuzahlen, was zur Verarmung des Landes führte. Dadurch wurde die Bevölkerung „reif“ für die Revolution. Auch der außenpolitische Sonderweg war letzten Endes nicht erfolgreich. Durch einen äußerst treffenden bildlichen Vergleich machte die Referentin die damalige besondere Situation Rumäniens deutlich: Rumänien tanzte gewissermaßen auf dem gespannten Seil zwischen der Sowjetunion und der USA und fiel in dem Moment vom Seil, als dessen Spannung sich durch die Annäherung der beiden Großmächte löste und Rumänien vom Störeffekt zum Störfaktor wurde.
Dr. Gabanyi ging auch auf bisher nicht zufriedenstellend beantworteten Fragen ein, wie das Rätsel um die Existenz der immer wieder in den Medien erwähnten Terroristen oder die Zahl der Toten, die seinerzeit in den Medien viel zu hoch angegeben wurde.
Gabanyi behandelte in der weit gespannten Thematik ihres Vortrags auch die Frage, weshalb Ceaușescu sterben musste: Er war der einzige Oberbefehlshaber eines Staates des Warschauer Paktes, der eine nationale Befehlsge- walt hatte. Sein Tod war deshalb notwendig und Voraussetzung dafür, dass die Armee die Front wechseln konnte.
Es lasten weiterhin viele Rätsel auf der rumänischen Revolution. Die rumänische Bevölkerung glaubte, sich durch die Revolution von Ceaușescu und dem Kommunismus befreit zu haben, tatsächlich stellte aber eine sowjetfreundliche kommunistische Gegenelite die neuen Machthaber in Rumänien.
Antworten auf die Fragen aus den Reihen der gebannt lauschenden Zuhörer rundeten diesen gut strukturierten und aufschlussreichen Vortrag ab. Dr. Anneli-Ute Gabanyi bewies wieder einmal ihre bewundernswerte Kompetenz und ihr profundes Wissen auf politischem Gebiet und hatte aufmerksame Zuhörer.
Bundesvorsitzender Dr. Bernd Fabritius bedankte sich zum Abschluss bei der Referentin für den außergewöhnlichen Vortrag und bei der Generalkonsulin Predescu für die Gastfreundschaft mit je einem Buchgeschenk.
Nach einer kurzen Würdigung des beeindruckenden Wirkens auf dem Gebiet der Politikwissenschaften von Dr. Gabanyi durch Herta Daniel, Vorsitzende der Landesgruppe Bayern, führte die Referentin die Zuhörer in das Jahr 1989, als Osteuropa von einer gewaltigen Demokratisierungswelle erfasst wurde, die Welt den Atem anhielt und wir alle Geschichte miterlebten.
An den Anfang ihrer Ausführungen stellte Dr. Gabanyi Erläuterungen aus der Revolutionsforschung. Die Zuhörer erfuhren, dass die moderne Revolutionsforschung zwischen der klassischen Revolution wie z. B. der Französischen Revolution und der stark mediengeprägten Revolution neueren Typs, beginnend mit der Revolution im Iran mit Aufrufen zum Kampf durch externen Input, unterscheide. Die europäischen Revolutionen von 1989 stellen eine eigene Kategorie dar, deren Gemeinsamkeiten im „Jahr der Wunder“ 1989 und vernetzten Prozessen zu sehen seien.
Gabanyi verdeutlichte drei wichtige, parallel laufende Stränge: Diese Revolutionen waren gegen die Sowjetunion, die herrschenden Regime und die kommunistischen Systeme gerichtet. Der Zerfall der betroffenen Staatsformen stelle keinen historischen Zufall dar, sondern das Werk politischer Kräfte. Eine Neuorientierung des Warschauer Paktes und der NATO machte die Revolutionen von 1989 erst möglich.
Die Spannung der Erinnerung an die Dramatik von 1989 war im Raum sichtlich spürbar, als die Referentin nach einem kurzem Resümee der bekannten Ereignisse im Dezember 1989 in Rumänien diese auch analysierte und aus heutiger Sicht anhand von Forschungsergebnissen und zwischenzeitlich vorliegenden Belegen im gesamteuropäischen Kontext interpretierte.
Dr. Gabanyi verdeutlichte die Unterschiede der Revolutionen von 1989 und arbeitete anhand dieser Unterschiede die Sonderrolle Rumäniens heraus. Während einige Revolutionen unblutig verliefen (Tschechien, DDR) oder erzwungen wurden (Bulgarien), stelle die rumänische Revolution einen instrumentalisierten Staatsstreich dar, der auf einen vorausgegangenen Aufstand der Bevölkerung aufsetzte.
Die Ursachen der Einmaligkeit der Revolution in Rumänien liegen laut Gabanyi in der ideologischen Eigenständigkeit der Kommunistischen Partei Rumäniens, die bereits in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts zur Verfolgung eines autonomen Kurses in der Wirtschafts- und Außenpolitik führte. Die außenwirtschaftliche Hinwendung Rumäniens zum Westen scheiterte in der Folge der Ölkrise in den 70er Jahren. Die Geldgeber zwangen Rumänien, seine Schulden in Höhe von 11,8 Milliarden Dollar zurückzuzahlen, was zur Verarmung des Landes führte. Dadurch wurde die Bevölkerung „reif“ für die Revolution. Auch der außenpolitische Sonderweg war letzten Endes nicht erfolgreich. Durch einen äußerst treffenden bildlichen Vergleich machte die Referentin die damalige besondere Situation Rumäniens deutlich: Rumänien tanzte gewissermaßen auf dem gespannten Seil zwischen der Sowjetunion und der USA und fiel in dem Moment vom Seil, als dessen Spannung sich durch die Annäherung der beiden Großmächte löste und Rumänien vom Störeffekt zum Störfaktor wurde.
Dr. Gabanyi ging auch auf bisher nicht zufriedenstellend beantworteten Fragen ein, wie das Rätsel um die Existenz der immer wieder in den Medien erwähnten Terroristen oder die Zahl der Toten, die seinerzeit in den Medien viel zu hoch angegeben wurde.
Gabanyi behandelte in der weit gespannten Thematik ihres Vortrags auch die Frage, weshalb Ceaușescu sterben musste: Er war der einzige Oberbefehlshaber eines Staates des Warschauer Paktes, der eine nationale Befehlsge- walt hatte. Sein Tod war deshalb notwendig und Voraussetzung dafür, dass die Armee die Front wechseln konnte.
Es lasten weiterhin viele Rätsel auf der rumänischen Revolution. Die rumänische Bevölkerung glaubte, sich durch die Revolution von Ceaușescu und dem Kommunismus befreit zu haben, tatsächlich stellte aber eine sowjetfreundliche kommunistische Gegenelite die neuen Machthaber in Rumänien.
Antworten auf die Fragen aus den Reihen der gebannt lauschenden Zuhörer rundeten diesen gut strukturierten und aufschlussreichen Vortrag ab. Dr. Anneli-Ute Gabanyi bewies wieder einmal ihre bewundernswerte Kompetenz und ihr profundes Wissen auf politischem Gebiet und hatte aufmerksame Zuhörer.
Bundesvorsitzender Dr. Bernd Fabritius bedankte sich zum Abschluss bei der Referentin für den außergewöhnlichen Vortrag und bei der Generalkonsulin Predescu für die Gastfreundschaft mit je einem Buchgeschenk.
HD
Schlagwörter: Vortrag, Rumänien, Revolution
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Neueste Kommentare
- 10.11.2009, 21:18 Uhr von Lavinia: @JRechert: Übrigens, die landwirtschaftlkichen Produkte wurden nicht eingeführt, sondern ... [weiter]
- 10.11.2009, 20:51 Uhr von Lavinia: @JRechert: Danke für den Versuch einer Antwort, die dann doch nur die übliche Spekulation und die ... [weiter]
- 10.11.2009, 14:51 Uhr von bankban: Und wie hast du dich über das Fehlen von Orangen hinweggetröstet, Joachim? ;-)) [weiter]
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