26. Juli 2011

Viertes Treffen der Mediascher in der Heimatstadt

Zum vierten Mediascher Treffen in der Heimatstadt, das zwischen dem 17. und 20. Juni stattfand, kamen auf Einladung des örtlichen demokratischen Forums, der evangelischen Kirchengemeinde, des Bürgermeisteramts und der Heimatgemeinschaft Mediasch e.V. (HG Mediasch) auch diesmal zahlreiche Mediascher Sachsen aus dem In- und Ausland zusammen.
Zentraler Begegnungsort des Treffens war auch das im Pfarrhof aufgestellte Festzelt. Aufgrund der sommerlich heißen Tage wurden allerdings tagsüber eher die vielen schattigen Biergärten der Stadt als Treffpunkt genutzt.

Das Treffen begann am Freitagmorgen. Pfarrer Gerhard Servatius-Depner begrüßte die Gäste in der voll besetzten Margarethenkirche aufs Herzlichste und erklärte das Motto des Treffens „Anders rinnt die Zeit“. Es stehe für „die sanftmütige Gemütlichkeit, nach dem Motto: ‚Hiesch hemlich‘, doch mag dieses Motto in gleicher Weise als ein Ausdruck des vertrauten Lebenspulses verstanden und aufgenommen werden“.

Die meisten Teilnehmer seien gekommen, vermutete Werner Müller, Vorsitzender des Mediascher Forums, danach in seinem „Sächsischen Willkommensgruß“, um der Vergangenheit zu begegnen, um die Orte ihres früheren Lebens noch einmal aufzusuchen und alte Freunde und Bekannte wieder zu treffen.

Günther Schuster, der Vorsitzende der HG Mediasch, lenkte den Fokus in seiner Begrüßungsrede auf die Würdigung der Menschen, die über Jahrhunderte hinweg die siebenbürgisch-sächsische Kultur und das noch heute in der Stadt allgegenwärtig sichtbare Erbe aufgebaut, erhalten und weiterentwickelt haben. Vor allem wies er aber auf die Wichtigkeit einer Neudefinition der Gemeinschaft im Hinblick auf deren Zukunft hin. „Unsere Treffen,“ so Schuster, „sind ganz sicher ein wichtiger Beitrag, um unsere Gemeinschaft zusammenzuhalten, aber dieser wird nur dann nachhaltig erfolgreich sein können, wenn dahinter auch der gemeinsame Wille steht, sich gegen den Trend der Zeit, in dem immer weniger Platz für unsere Gemeinschaft zu bleiben scheint, stemmen zu wollen“.

In seinem geistlichen Grußwort betonte Pfarrer i.R. Rolf Kartmann von der HG Mediasch, dass „einem niemand die Heimat wegnehmen kann. Sie bleibt immer die Heimat der Menschen, auch wenn sie – aus welchen Gründen auch immer – anderswohin gezogen sind. Dabei ist es gleich, ob jemand freiwillig oder aus Zwang die Heimat verlassen hat.“

Ein besonderer Moment war die feierliche Einweihung des neuen Gemeindehauses der evangelischen Kirchengemeinde. Nicht ohne Stolz übergab Pfarrer Gerhard Servatius-Depner nach der Begrüßung in der Margarethenkirche das Haus seiner Bestimmung. In dem modernen Bau hat die Gemeinde nun den dringend benötigten Platz für Begegnungen größerer und kleinerer Gruppen und bietet außerdem gute Übernachtungsmöglichkeiten für Gäste an.
In Mediasch wurde das evangelische Gemeindehaus ...
In Mediasch wurde das evangelische Gemeindehaus eingeweiht Foto: Archiv HG Mediasch
Anschließend gab Bürgermeister Teodor Neam­țu im Foyer des Rathauses einen Empfang, bei dem die Akzente weniger auf feierlichen Worten als auf dem Dialog lagen. Er wies auf zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur hin und verlieh der Gewissheit Ausdruck, dass Mediasch immer schöner und attraktiver werden würde. Günther Schuster überreichte ihm als Geschenk der HG Mediasch u.a. einen Nürnberger Bierkrug mit den Emblemen der HG. Er erinnerte an das letzte Zusammentreffen mit dem Bürgermeister in Dinkelsbühl und dankte dafür, dass die Tradition der Treffen in der Heimatstadt fortgeführt wird.

Besonderes Interesse galt der Ausstellung von Firmenkorrespondenz aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Briefe aus dem Archiv des Bürgermeisteramtes und der HG Mediasch belegen die rege wirtschaftliche Tätigkeit der nach der Entdeckung des Methangases aufstrebenden Kokelstadt.

Der Nachmittag stand unter dem Motto „Kultur – für jeden etwas zum Aussuchen“. Ein Faltblatt lud zu einer Schnitzeljagd durch Mediasch ein. Es war eine Gelegenheit, die Stadt der Kindheit neu zu entdecken und vor allem den Jungen und Jüngsten zu zeigen, wo man aufgewachsen war. Wen wundert es, dass später zwei Jugendliche die ersten Preise gewannen! In einer kurzen Feierstunde wurde am „Buresch-Eck“ eine zweisprachige Gedenktafel enthüllt, die an den Ursprung des Namens dieses Hauses – den Kolonialwarenladen der Familie Buresch – erinnern soll. Der Bürgermeister lobte die Initiative des heutigen Besitzers, Octavian Isaila, und begrüßte einige Nachfahren der Familie Buresch, die an dem Festakt teilnahmen. Auf Wunsch des Bürgermeisters soll dieses Beispiel Schule machen. Ein Weg der Gedenktafeln könnte in Zukunft Touristen durch die Stadt führen und an die sächsische Tradition erinnern. Ein weiterer Schwerpunkt der Nachmittagsveranstaltungen war das Schullerhaus, in dem eine Ausstellung von Helmuth Knall und Hansotto Drotloff über Mediascher Persönlichkeiten eröffnet wurde.

Ein sächsischer Abend mit Gedichtvorträgen und ein gemeinsames Singen mit Oktett und Kirchenchor rundeten diesen ersten Tag des Treffens ab, ehe es zum gemütlichen Teil ins Zelt im Pfarrhof ging, wo lebhaft über das Gestern, Heute und Morgen diskutiert wurde. Den entsprechenden Rahmen boten der aufmerksame Gastgeber Pfarrer Gerhard Servatius-Depner und sein Team der evangelischen Kirchengemeinde.

Der Samstag begann mit einer Veranstaltung im festlich geschmückten Traubesaal. Umrahmt von Darbietungen des Kirchenchors, Gedichtvorträgen, den Grußworten der Honoratioren sowie einem Vortag von Martin Bottesch, dem Vorsitzenden des Hermannstädter Kreisrates, widmete sich Helmuth Knall, der Festredner, in einer launigen Ansprache der Frage, wer nun als eine Mediascher Persönlichkeit zu betrachten sei. Dabei kam er nach Analyse zahlreicher Einzelschicksale zu dem für die Anwesenden schmeichelhaften Schluss, dass jeder, dem diese Stadt am Herzen liegt und der sich für sie einsetzt, als Mediascher Persönlichkeit anzusehen sei. Ein Blasmusikkonzert begleitete die Teilnehmer mit beschwingten Klängen zum Festessen in den Pfarrhof.

Auch am Nachmittag gab es viel zu erleben: Die Stadt lud mit „Offenen Türen“ ein, die Stätten der Kindheit zu erkunden. Führungen durch Kirche, Kastell und Schule boten dazu reichlich Gelegenheit. Nicht ganz so viele Besucher fanden den Weg ins Kino „Mediensis“, in dem die Premiere des Dokumentarfilms „Ein Siebenbürger auf dem Weg zu den Sternen“ stattfand. Es handelt sich um eine filmische Biographie der siebenbürgischen Jahre von Hermann Oberth. Die beiden rumänischen Filmemacher Nick Langa und Stefan Elefteriu hatten ihren Oberth-Film in Mediasch mit deutsch gesprochenem Text und rumänischen Untertiteln gedreht – als bewusste Hommage an die Mediascher Sachsen von einst, in deren Mitte Oberth seine bahnbrechenden Ideen weiter entwickelte. Auch die Allerkleinsten ließen es sich nicht nehmen, die Gäste zu erfreuen: Der Deutsche Kulturverein „Pusteblume“ führte im Schullerhaus das Märchenstück „Die verzauberten Prinzen“ auf und erntete wohlverdienten Applaus.

Für die Tanzunterhaltung im Traubegarten hatte die HG die Studentenband „Chilli Familli“ von Petra Acker angeheuert. Die Musik der talentierten jungen Menschen war in ihrer Art sehr gut, jedoch gemäß dem Motto des Treffens „etwas anders“, zumindest anders als von vielen erwartet. Stimmung und Tanz vertrugen sich leider nicht mit der Unterhaltung bei Tische, was bei vielen Gästen für etwas Verstimmung sorgte.
Festveranstaltung im Traubesaal. Kinder der ...
Festveranstaltung im Traubesaal. Kinder der Oberth-Schule bringen den Gästen ein Ständchen in siebenbürgisch-sächsischer Mundart.
Auch der Sonntag verlief traditionsgemäß feierlich. Den Gottesdienst gestaltete der aus Mediasch zum Bischof der Evangelischen Landeskirche gewählte Pfarrer Reinhart Guib, der in seiner Predigt mahnte, auf der Suche nach der besten Zukunft die Ausrichtung auf Gott nicht aus den Augen zu verlieren. „Der Platz, den wir für Gott in unserem Leben geschaffen haben, und die Zeit, die wir uns für die Begegnung mit ihm nehmen, wurde immer kleiner und kürzer. Wer denkt jeden heiligen Sonntag noch an Gott?“ Seine Predigt schloss er mit folgendem Gedanken: „Das, was uns bisher von Gott getrennt hat, aber auch das, was uns untereinander getrennt hat [...] dürfen wir getrost zurücklassen und uns neu ausrichten lassen auf das, was uns zusammenführt und zusammenhält.“ Gemeinsam ging es dann in feierlichem Zug hinaus und hinauf zum Friedhof, wo viele unserer Lieben ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Zu ihrem Gedenken fand eine schlichte Feier am Vorplatz der Kapelle statt. Nachdem am Obelisken von Stefan Ludwig Roth Kränze niedergelegt worden waren, konnte jeder die Gräber seiner Ahnen aufsuchen.

Der Nachmittag war der Fröhlichkeit gewidmet, denn es hieß: „Auf in den Greweln!“. Dass das Wetter gerade jetzt die ersten (und einzigen) Kapriolen während dieser Festtage spielte, tat der Geselligkeit keinen Abbruch. Für das leibliche Wohl gab es Mici und das traditionelle Holzfleisch und Bier im Überfluss. Die flotte Musikzusammenstellung eines DJs tat ein Übriges, sodass viele das Tanzbein schwangen. Eine angenehme Überraschung war die spontane Vorführung einer rumänischen Jugendtanzgruppe, die mit viel Beifall und einer Spende der anwesenden Festgäste belohnt wurden.

Der Montag bot wie gewohnt Touristisches. Helmuth Knall führte eine Wandergruppe von Wurmloch nach Meschen. Für ihren Kampf gegen den vom Regen am Vortag aufgeweichten Waldboden wurden sie durch einen herzlichen Empfang mit Bewirtung und einer Führung durch die Meschner Kirchenburg belohnt. Eine andere Gruppe konnte auf einer Busfahrt Malmkrog und Kreisch besichtigen.

In der Margarethenkirche fand das Fest schließlich mit einem Orgelkonzert seinen Ausklang. Pfarrer Gerhard Servatius-Depner dankte den Gästen für ihr Kommen und verabschiedete sie mit den Worten: „Bleiben wir in lebendiger Verbindung, dann haben wir [...] ganz bestimmt nur zu gewinnen! Und ebenfalls werden wir dann bestimmt auch noch viele andere solche Heimattreffen feiern können.“

Ein Treffen in der Heimatstadt ist in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes: Das Vertraute war ebenso präsent wie auch die Erkenntnis, dass das Mediasch von heute nicht mehr das Mediasch von gestern ist, denn die Stadt verändert sich stetig. Unseren Gastgebern sagen wir ein herzliches Dankeschön für ihre Gastfreundschaft und alles, was sie uns geboten haben, und rufen ihnen ein frohes „Auf Wiedersehen“ zu – sei es beim nächsten Besuch in der Heimat, beim nächsten Großen Mediascher Treffen 2013 in Dinkelsbühl oder eben 2014 wieder in Mediasch!

Hansotto Drotloff und Günther Schuster

Schlagwörter: Mediasch, Treffen, Siebenbürgen

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