7. Februar 2020

Zum Abschied von Pfarrer i.R Günter Herberth

Tief betroffen und mit traurigen Herzen haben die Heimatortsgemeinschaft Nußbach, und langjährigen Freunde der Familie die schmerzliche Nachricht vom Tode unseres einstigen Pfarrers Günter Herberth zur Kenntnis genommen. Er starb am 18. Dezember 2019 in Nürnberg. Unsere Gedanken sowie tiefes Mitgefühl und Anteilnahme waren in der Weihnachtszeit bei seiner Familie. Die Beerdigung fand am 27. Dezember auf dem Johannisfriedhof in Nürnberg statt. Bei der Abschiedsfeier in der Johanniskirche würdigte ich in einer Trauerrede seine verdienstvolle Tätigkeit.
Pfarrer Günter Herberth wurde am 18. Juni 1928 in Michelsberg geboren. Nach der Gymnasialzeit in Hermannstadt studierte er ab 1948 Theologie in Klausenburg. Dem Wunsch von Bischof Müller folgend, aufgrund einer Notsituation in Nordsiebenbürgen, unterbrach er im vierten Studienjahr das Studium und wurde am 3. Juli 1951 zum Verweser der Stadtpredigerstelle in Bistritz mit dem Titel Diakon ernannt. Nach der Ordination am 26. September 1951 wurde er am 21. Oktober 1951 feierlich in sein Amt eingesetzt, um den kirchlichen Dienst in Stadt und Land zu versehen. Am 22. August 1954 wählte ihn die Gemeindevertretung von Bistritz zum Stadtprediger in Verbindung mit der Betreuung der pfarrerlosen Gemeinden Heidendorf, Schönbirk und Windau. Den Bund der Ehe schloss er am 28. Oktober 1955, und seine Ehefrau Gerhild Paalen aus Kronstadt schenkte ihm 1957 die Tochter Gudrun und 1958 den Sohn Jürgen.

Von Bistritz kam er 1958 nach Nußbach, und hier wurden er und seine Familie heimisch. Über 30 Jahre war er Seelsorger in Nußbach im Burzenland, am Fuße des Geister Waldes. Er taufte, konfirmierte und traute ganze Generationen von Menschen und begleitete jene auf ihrem letzten Weg, die aus diesem Leben abberufen wurden. Äußerst gründlich versah er seinen Dienst in der Gemeinde. Sonntag für Sonntag lauschten Menschen gebannt seinen Predigten und schöpften Kraft aus dem Worte Gottes, das er in unnachahmlicher Weise zu verkünden verstand. Er vermittelte uns und versuchte besonders bei der Jugend erfahrbar zu machen, dass der Glaube eine tragfähige Grundlage für ein sinnvolles Leben auch in der modernen Zeit ist. In ihren Belangen förderte er die Gemeinde, Brauchtum wurde belebt und erhalten, die Nachbarschaften mit ihrer Ordnung gepflegt. Um den Friedhof wurde die sogenannte Ringmauer gebaut, mit Resten von Ziegelsteinen, die in mühevoller und freiwilliger Arbeit aus dem Abfall der nahegelegenen Ziegelfabrik ausgeklaubt und verwendet wurden. Baumaterialien konnten keine erworben werden. Die Kirche samt ihrem Kirchturm wurde renoviert und instandgehalten. Dank seiner energischen Natur und seines Durchsetzungsvermögens stellte er sich dem politischen Druck der kommunistischen Obrigkeit entgegen, indem er verhinderte, dass auf dem Kirchhof der Anbau der Schule erfolgte. Der Neubau entstand im alten Schulhof und dadurch konnte der Blick auf die Kirche vom Dorf her erhalten bleiben. Zwei der drei Kirchenglocken, die im Lauf der Zeit starke Schäden erlitten, wurden umgegossen. Seine unzähligen Spendenaufrufe ermöglichten dies 1963 für die mittlere und 1973 für die große Glocke. Diese Glocken läuten zur Stunde der Beisetzung in Nußbach, im Karpatenbogen.
Pfarrer i.R Günter Herberth, 2014 ...
Pfarrer i.R Günter Herberth, 2014
Dank seiner Fähigkeiten, seines Sachverstands und seines Einsatzes für Kirche und Gemeinschaft übernahm er ab 1974 für zwölf Jahre die Leitung des Kirchenbezirks Kronstadt, des größten Kirchenbezirks der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien. Als Dechant wirkte Günter Herberth weit über die Grenzen seiner Gemeinde und des Burzenlandes hinaus, im Repser- und im Schenkerland, bis Bukarest sowie den oft nur noch rumänisch sprechenden evangelischen Diasporagemeinden jenseits der Karpaten bis Konstanza am Schwarzen Meer. Er war „der Fels in der Brandung“ in einer äußerst schwierigen Zeitperiode, in der der Griff des diktatorischen, totalitären, kommunistischen Regimes immer fester wurde. Die Kirche mit ihren Vertretern gehörte zum Klassenfeind, sie wurde beschattet, bespitzelt und bekämpft. Um unsere siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft im Glauben zusammen zu halten, bewegten sich die Pfarrer auf Messerschneide, agierten in einer Grauzone und gerieten oft in gefährliche Situationen. Verhöre bei der Staatssicherheit waren die Folge, die ihnen und der Familie viele schlaflose Nächte bereiteten. Die Lebensbedingungen verschlechterten sich gewaltig, so dass viele um das Verlassen des Landes ansuchten. Sie wurden vom kommunistischen Regime nach Deutschland verkauft. Die sächsischen Gemeinden schrumpften sehr stark.

Dazu kam das starke Erbeben von 1977, das viel Schaden an Kirchen und kirchlichen Gebäuden seines Kirchenbezirkes verursachte. Finanzielle Mittel, Baumaterialien und Baugerüste zur Renovierung gab es kaum und konnten nur mühsam, mit Hilfe des Auslandes, beschafft werden, was ein großer Dorn im Auge der Behörden war. Selbst in den dunkeln Zeiten des Kommunismus setzte sich Pfarrer Herberth mit Nachdruck für den Erhalt der Kirchenordnung, der Feier des Heiligen Abendmahls und für die Einführung des neuen Gesangbuches im seinem Kirchenbezirk ein. Die verdienstvollen Jahre jener Zeit, sind uns, die Pfarrer und Dechant Günter Herberth erlebten, noch gegenwärtig und unvergessen.

Äußerst dankbar, hochachtungsvoll und mit viel Anerkennung blicken wir auf seine Tätigkeit zurück. Er war nicht nur unser Pfarrer, er war uns immer ein Freund. Nach dem Rentenantritt, verbrachte er den Lebensabend mit seiner Familie, den Kindern, den vier Enkelkindern und zwei Urenkel zurückgezogen in Nürnberg. Seine Kirchengemeinde wurde aber nicht vergessen, jährlich spendete und förderte die Familie zum Weihnachtsfest die Christbescherung der Kinder und alten Menschen in Nußbach.

„Was wir bergen in den Särgen ist das Erdenkleid, was wir lieben, ist geblieben, bleibt in Ewigkeit“ (Goethe). So nehmen wir Abschied von Pfarrer Günter Herberth und betteten ihn in die Hand Gottes, hier möge er Frieden und die ewige Ruhe finden. Wir werden ihm ein ehrendes Gedenken bewahren.

Harald Johannes Zelgy

Schlagwörter: Nachruf, Pfarrer, Herberth, Nußbach

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Neueste Kommentare

  • 07.02.2020, 09:09 Uhr von Äschilos: Dann war er ja gar kein Pfarrer mit abgeschlossenem Theologiestudium sondern nur Prediger [weiter]

Artikel wurde 1 mal kommentiert.

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