9. September 2009

In Passau: Der Glockenguss für Bistritz

Bei dem Turm- und Kirchenbrand vom 11. Juni 2008 (diese Zeitung berichtete) waren die Glocken der Feuersbrunst zum Opfer gefallen. Die HOG Bistritz-Nösen hat mit Spenden unserer Landsleute aus aller Welt den Guss der neuen Glocken finanziert.
In dem allen bekannten „Lied von der Glocke“ hat Friedrich von Schiller all das trefflich beschrieben, was die Vertreter der Bistritzer Kirchengemeinde, der Bürgermeister der Stadt Bistritz Ovidiu Crețu und Mitglieder der HOG Bistritz-Nösen am 31. Juli 2009 in Passau erlebten.

Fest gemauert in der Erden / Steht die Form aus Lehm gebrannt. / Heute soll die Glocke werden!/ Frisch, Gesellen, seid zur Hand! / Von der Stirne heiß / Rinnen muss der Schweiß, / Soll das Werk den Meister loben! / Doch der Segen kommt von oben.

Fest gemauert in der Erde lagen die Formen der neu zu gießenden Glocken. In der Halle herrschte emsiges Treiben der Gesellen und Helfer unter der Leitung des Meisters Rudolf Perner. In dem schon seit dem Vortag beheizten Schmelzofen brodelte der Kupferbrei. Immer wieder wurden Holzscheite nachgelegt, um die nötige Temperatur zu erreichen. Die erwartungsvolle Erregung nahm von Minute zu Minute zu. Endlich war es soweit, die letzten Zinnbarren wurden hinzu gegeben.

Schiller: Jetzt Gesellen frisch! / Prüft mir das Gemisch, / Ob das Spröde mit dem Weichen / Sich vereint zum guten Zeichen. / Denn wo das Strenge mit dem Zarten, / Wo Starkes sich und Mildes paarten, / da gibt es einen guten Klang.

Meister Perner begrüßte die Anwesenden kurz und bat um Gottes Beistand zum Gelingen des nach altem handwerklichen Brauch anstehenden Glockengusses.

Schiller: Doch bevor wir’s lassen rinnen, / Betet einen frommen Spruch! / Stoßt den Zapfen aus! / Rauschend in des Henkels Bogen / Schießt’s mit feuerbraunen Wogen. / Wohltätig ist des Feuers Macht, / Wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht.

Der zusammen mit Kurator Roland Karoli aus Bistritz angereiste Stadtpfarrer Hans-Dieter Krauss sprach ein Gebet, und dann kam der Anstich. Die feurige Masse sprudelte aus dem Ofen hervor und floss zähflüssig in den vorbereiteten Bahnen zu den Einfüllöffnungen. Heiße Luft entwich zischend aus dem dunklen Inneren der Formen. Die Anspannung der Arbeiter war enorm. Kurze, knappe Anweisungen des Meisters hallten durch den Raum, in dem sich eine fast unerträgliche Hitze ausbreitete. Dann war alles vorbei, es trat eine unheimliche Ruhe ein, die Spannung war von allen gewichen. Man wurde sich der Tragweite des eben Erlebten bewusst.

Bürgermeister Crețu hat das ausgesprochen, was viele empfunden haben „Es war ein bewegender, erhebender Moment, ich fühle mich geehrt, bei einem solchen Anlass dabei sein zu dürfen.“

Es ist tatsächlich ein Jahrhundertereignis, und wir hoffen, dass diese Glocken deren Einweihung am 11. Oktober 2009 in Anwesenheit des Sachsenbischofs D. Dr. Christoph Klein in Bistritz vollzogen wird und zu dem sich schon viele Bistritzer von nah und fern angemeldet haben, über viele Jahrhunderte zur Ehre Gottes und zum Wohle der Menschen erklingen werden.

Schillers Worte erinnern uns mahnend: Dem Schicksal leihe sie die Zunge; / Selbst herzlos, ohne Mitgefühl, / Begleite sie mit ihrem Schwunge / Des Lebens wechselvolles Spiel. / Und wie der Klang im Ohr vergehet, / Der mächtig tönend ihr erschallt, / So lehre sie, dass nichts bestehet, / dass alles Irdische verhallt.

Mit ihrem Schall verkünden die Glocken: Vivos voco, mortuos plango, fulgura frango / die Lebenden rufe ich , die Toten beklage ich, die Blitze breche ich.

Bistritz wird neue Glocken haben, die unsere dort lebenden Landsleute auf allen ihren Wegen begleiten sollen. Wir, die Spender, haben damit eine Pflicht erfüllt, die wir unseren Vorvätern schuldig sind. Eine Gedenktafel, ebenfalls in Bronze gegossen, soll an die wechselhaften Jahre der Geschichte unserer Kirche erinnern und alle Besucher des Turms darauf hinweisen, dass die Siebenbürger Sachsen diese Kirche und den dazu gehörenden Kirchturm erbaut haben. Ein bedeutendes Kulturerbe haben wir der Stadt Bistritz hinterlassen. Dieses in Ehren zu halten, ist nun deren Pflicht.

Dr. Hans Georg Franchy

Schlagwörter: Stadtpfarrkirche Bistritz, Nordsiebenbürgen, Kirche und Heimat

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