16. Februar 2013

Herausragender Rechtsgelehrter Hannes Unberath (39) verstorben

„Niemand kennt Tag und Stunde“. Dies Wort aus dem Matthäusevangelium war der Predigttext bei der Trauerfeier von Prof. Dr. iur. Hannes Unberath. Gewählt habe ich es, weil hier ein junger Mensch weit vor seiner Zeit abberufen wurde. Und man wusste lange vorher, dass dieser Tag kommen würde, was den Abschied umso schwerer machte. Hannes war einer meiner engsten Freunde, den ich während unserer gemeinsamen Zeit an der Universität Oxford kennen und schätzen gelernt habe. Sein Freiheitsdrang und seine intellektuelle Schärfe, gepaart mit seiner angenehmen Bodenständigkeit, fielen mir gleich von Anfang an bei ihm auf. Hannes war, angesichts seiner für alle sichtbaren intellektuellen Brillanz, bemüht, gerade nicht aufzufallen oder viel Aufhebens um seine Person zu machen. Keine 15 Jahre später nach unserer unvergesslichen Zeit in Oxford musste ich, der Pastor, seinen Freund, den Rechtslehrer, viel zu früh zu Grabe tragen. Er starb nach langer Krankheit am 28. Januar 2013 in Fürth.
Die Rechtswissenschaft verliert mit seinem Tod eine Persönlichkeit, die in ihrem Fach einen Grad an Professionalität und Exzellenz erreicht hat, zu dem es nur wenige bringen. Hannes Unberath hat nicht nur im Bereich der europäischen Rechtsvergleichung seine Spuren hinterlassen, sondern eine Habilitation im Bereich des Bürgerlichen Rechts und der Rechtsphilosophie verfasst und exzellent publiziert, die Ihresgleichen sucht. „Die Vertragsverletzung“ in der traditionsreichen Reihe „Jus Privatum“ zu veröffentlichen, erfordert neben den fachlichen Fähigkeiten auch Mut, sich der Kritik der Kollegen auf höchster Ebene auszusetzen. Hannes Unberath hatte 2007 diesen Mut, und die Rezensenten bestätigten seine herausragenden Fähigkeiten. Und nur wenige Deutsche publizieren in ihrer Karriere rechtsvergleichende Standardwerke gemeinsam mit gestandenen englischen Kollegen wie Hannes Unberath mit dem Oxforder Rechtslehrer Sir Basil Markesinis, seinem akademischen Lehrer.

Prof. Dr. Hannes Unberath wirkte an den ...
Prof. Dr. Hannes Unberath wirkte an den Universitäten in Jena und Bayreuth. Foto: Anne Günther/FSU
Am 23. Juni 1973 in Kronstadt als jüngster Sohn des Zeidner Lehrerehepaares Katharina und Hans Unberath geboren, verließ er mit seinen Eltern kurz vor der Wende 1989 das Land, um nach seinem Abitur an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen Rechtswissenschaften zu studieren. Seine besondere Leistung und Begabung ermöglichte es ihm, mit dem Rhodesstipendium als einem der exklusivsten Studienstipendien der Welt seinen Doktorgrad an der Universität Oxford zu erwerben. Später konnte er als deutscher Sekretär des Rhodes Trust und als Richter am Thüringischen Oberlandesgericht etwas von dem zurückgeben, was ihm dieses Stipendium ermöglicht hatte. Hannes hatte stets ein klares Bewusstsein davon, was man denen, die einem die eigene Bildung ermöglichten, zurückzugeben hatte, und er tat darum seinen Teil, andere Studierende für ein Studium in Oxford auszuwählen, damit diese wiederum ihren Teil leisten konnten. Als akademischer Lehrer hielt er es im Übrigen ganz genauso.

Nach seiner Promotion habilitierte er sich an der Ludwig-Maximilians-Universität München bei Prof. Stephan Lorenz, um dann zunächst als ordentlicher Professor für Zivilrecht und Rechtsvergleichung an die Friedrich-Schiller-Universität Jena und 2009 nach Bayreuth berufen zu werden, wo er sich bundesweit einen Namen im Bereich Mediation und Streitschlichtung machte. Auch in den einschlägigen Kommentaren seines Faches war er an prominenter Stelle vertreten. Nur führte das eben nicht dazu, dass er abhob, sondern ganz im Gegenteil: Bis zum Schluss war er mit ganzem Herzen Hochschullehrer, der den Studenten zugewandt blieb und ihnen vor allem eines beibringen wollte: was es heißt, so strukturiert wie kreativ zu denken. Gerade methodisch und inhaltlich war Hannes dabei aufs Engste an Immanuel Kant orientiert, dessen berühmtes Zitat dann auch seine Traueranzeige einleitete: „Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot, der ist nur fern; tot ist nur, wer vergessen wird.“

„Alles hat seine Zeit“, wie der Prediger schreibt, aber wahr ist eben auch, dass niemand seinen Tag und seine Stunde kennt: alle beruflichen Erfolge ändern nichts an dem Verlust, den seine Familie durch den Tod des Familienvaters, des Ehemannes, des Sohnes und Bruders erfahren hat. Hannes Unberath hinterlässt drei kleine Kinder, bei denen unsere Gedanken sind.

Univ.-Prof. Dr. Dr. Nils Ole Oermann

Schlagwörter: Porträt, Nachruf, Jurist

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