19. November 2011

Zwischen deutscher Vergangenheit und europäischer Zukunft

Bereits zum siebten Mal organisierte Pfarrer Paul Sattler mit Schülerinnen und Schülern des Oettinger Albrecht-Ernst-Gymnasiums (A-E-G) eine Studienfahrt nach Siebenbürgen. Dieses Mal waren es 28 Jugendliche, die nach einer zwanzig Stunden dauernden Busreise ein Land mit vielen Facetten erlebten.
Nach einem Stop in Wien und einem nächtlichen Spaziergang durch Budapest wurden sie von der aufgehenden Sonne in Rumänien begrüßt. Vom hoch über der Stadt gelegenen Hotel Belvedere hatten die Oettinger einen herrlichen Blick über Klausenburg, ihre erste Station, bevor sie hinabstiegen, um die viertgrößte Stadt Rumäniens zu erkunden. Die mittlerweile ausgezeichneten Hauptverkehrsstraßen, die oft bundesdeutschen Standard schon übertreffen, die gut organisierte Müllbeseitigung, die teilweise liebevoll geschmückten Plätze und Häuser und der begonnene Autobahnbau sind Belege für den Aufbruch Rumäniens, sich westlichem Niveau anzugleichen. Dazu eine atemberaubend schöne Landschaft, die meistens ihre ursprüngliche Natürlichkeit erhalten hat. Sanfte Hügel, umsäumt von Wiesen und Wäldern, Bäche, die ihren natürlichen Läufen folgen dürfen, nicht flurbereinigte Äcker, Kartoffelfeuer und aufgemanteltes Heu, Menschen, die vorwiegend in Handarbeit die Früchte ihrer Arbeit ernten, all das bietet ein Bild, wie es die älteren Reisenden aus ihren Kindertagen kennen. Man muss aufpassen, all das nicht nostalgisch zu verklären, um die Problematik nicht zu übersehen, die für viele Menschen in der rasanten Entwicklung des Landes liegt.

Aber was wird aus den Zwiebelverkäufern am Rand der Straßen, den Menschen, die mit einem Pferdewagen ihr Tagwerk verrichten, der Ruhe, der Gelassenheit, die die Leute ausstrahlen? Sie werden früher oder später verschwunden sein, aber wird damit nicht auch der Charakter, der Charme des Landes verloren gehen? Diese Gedanken bewegen den Reisenden bei der Fahrt durch Siebenbürgen, bevor das einzigartige, zum Unesco-Weltkulturerbe zählende historische Zentrum von Schäßburg die Oettinger zum nächsten Halt einlud. Wie Pfarrer Paul Sattler in seiner Schulzeit mussten die A-E-Gler auch erst einmal die 176 Stufen der Schultreppe überwinden, um zum Schulberg zu gelangen, auf dem auch die berühmte Bergkirche steht, der die Oettinger ebenfalls einen Besuch abstatteten.

Während einer Stadtführung in Kronstadt erhielten die Schüler zahlreiche Informationen zur Geschichte der Stadt und ihrer überragenden Bedeutung als Handelszentrum in früherer Zeit.
Gruppenbild im Freilichtmuseum bei Hermannstadt ...
Gruppenbild im Freilichtmuseum bei Hermannstadt vor dem Haus, das auch auf dem 10-Lei-Schein abgebildet ist.
Dass Kirchen in der Vergangenheit mehr als nur Gotteshäuser waren und in ihnen die Menschen Schutz vor Feinden fanden, weswegen sie mehr Festungen und Burgen gleichen, erfuhren die Schüler in Tartlau, der berühmtesten Kirchenburg. Ein Besuch auf der Törzburg, dem vermeintlichen Darculaschloss, durfte nicht fehlen. Auch die Oettinger ließen sich vom Mythos gefangennehmen und tasteten sich durch die engen, verwinkelten Gän­ge und Räume.

Mit strahlendem Sonnenschein empfing Hermannstadt die Gäste, die sofort von Charme und Schönheit der Innenstadt mit dem Großen Ring als Zentrum eingenommen wurden. Eine interessante Stadtführung brachte sie zu den sehenswerten Punkten. Einer der Höhepunkte der Reise war der Empfang im deutschen Generalkonsulat. Gerneralkonsul Thomas Gerlach freute sich über den Besuch der Oettinger und darüber, dass das A-E-G schon seit so vielen Jahren regelmäßig diese Fahrt anbietet, um Schülern die reiche deutsche Kultur und Geschichte in Siebenbürgen nahezubringen. „Bei vielen Deutschen ist dies noch eine Wissenlücke“, stellte der Konsul fest. Studiendirektor Günther Schmalisch und Pfarrer Paul Sattler bedankten sich für den freundlichen Empfang beim Konsul, der eine Einladung zu einem Gegenbesuch am A-E-G gerne annahm.

Gewissermaßen eine Zusammenfassung der Reise in Geschichte und Gegenwart Siebenbürgens und Rumäniens bot der Besuch in Europas größtem Freilichtmuseum nahe Hermannstadt. Die Sonne ging auf, als die Reisegruppe Rumänien erreichte, sie ging rotglühend unter, als die Oettinger das Land wieder verließen. Einen passenderen Abschluss hätte es für diese eindrucksvolle Fahrt nicht geben können.

Günther Schmalisch

Schlagwörter: Schule, Bayern, Reise, Siebenbürgen, Jugend

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