18. Januar 2011

Tagung über Fluchtgeschichten

Die Bildungs- und Begegnungsstätte „Der Heiligenhof“ veranstaltet vom 18. bis 20. Februar 2011 die Wochenendtagung „Fluchtgeschichten – Illegale Grenzübertritte aus Rumänien, der DDR und anderen Ostblockstaaten“. Eingeladen sind insbesondere Personen, die eine Flucht über den Eisernen Vorhang gewagt haben, denen diese Flucht geglückt ist oder die daran scheiterten.
Vielen dieser Menschen ist es bis heute nicht möglich, auch mit vertrauten Personen über diese Flucht zu sprechen. Andere haben bei Zeitzeugenbefragungen oder in Publikationen darüber berichtet. Der nach 1989 herangewachsenen Generation ist dieses Kapitel der Zeitgeschichte, bei dem Tausende umkamen, unbekannt, so dass es notwendig ist, ihr diese persönlich erlebte Geschichte zu erzählen, sie zu dokumentieren und für die Nachwelt zu erhalten.

Viele Menschen auf der östlichen Seite des Eisernen Vorhangs, denen die Auswanderung oder auch nur eine Besuchs- und Urlaubsreise in den Westen über Jahrzehnte verwehrt worden war, versuchten illegal die mit Stacheldraht, Selbstschussanlagen und von Soldaten bewachten Grenzen oder die von natürlichen Hindernissen markierten Grenzen unter Einsatz ihres Lebens zu überwinden. Gerade in Jugendlichen und Heranwachsenden, aber auch in Familienvätern und Müttern reifte der Gedanke, durch Flucht dem Elend des Sozialismus zu entfliehen, die Heimat zu verlassen und ein Leben in Freiheit zu suchen. Die Versuche, die Hindernisse zu meistern, sind vielfältig: Tunnel, selbstgebaute Ballons, Boote, Kleinflugzeuge, Verstecke in LKW oder Zügen, Schiffen, andere Tricks. Manche Grenzgänger wurden von Minen zerfetzt, erschossen, ertranken oder kamen auf andere Art und Weise ums Leben. Viele wurden gefasst und mussten Haftstrafen absitzen. Manche wurden vom Westen freigekauft und durften emigrieren. Auf der Tagung geht es darum, von vielen persönlichen Schicksalen (Geflüchteten, Erschossenen, Ertrunkenen, Verurteilten, Geächteten) zu erfahren, um den Opfern wenigstens im Gedenken Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sie nicht dem kollektiven Vergessen und Verdrängen anheim fallen zu lassen.

Zu dieser für jedermann offenen Tagung konnten folgende Referenten gewonnen werden: Dr. Stefan Appelius, Potsdam: Fluchtversuche von DDR-Bürgern über Rumänien; Dr. Georg Herbstritt, Bundesbeauftragter für die Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Berlin: Fluchtversuche von DDR-Bürgern über Rumänien anhand von Stasi-Unterlagen; Markus Meinke, Regensburg: „Zweimal Eiserner Vorhang“ – Komparative Aspekte der Grenzsicherung zwischen der der innerdeutschen und der tschechoslowakischen Grenze. Der Journalist Johann Steiner, Troisdorf, Herausgeber der zweibändigen Anthologie von Fluchtgeschichten von Rumäniendeutschen: „Die Gräber Schweigen – Berichte von der blutigsten Grenze Europas“, moderiert eine Podiumsdiskussion mit ehemaligen illegalen Grenzgängern. Daran können Betroffene aus dem Publikum teilnehmen. Dietfried Zink liest, begleitet am Klavier von Peter Szaunig, aus seinem Roman „Für einen Fingerhut Freiheit – Liebe in den Zeiten der Securitate“. Zudem wird der Spielfilm Mit dem Wind nach Westen über eine spektakuläre Flucht aus der DDR mit einem selbstgebauten Heißluftballon 1979 gezeigt. Die Einführung zum Film nimmt Günter Wetzel vor, dessen Geschichte verfilmt wurde.

Die Tagung beginnt am Freitagabend und geht bis Sonntagmittag. Die Teilnahme kostet 60 Euro (für Studenten und Teilnehmer aus Ostmitteleuropa 20 Euro) ggf. plus 10 Euro Einzelzimmerzuschlag und 3,30 Euro Kurtaxe und beinhaltet Unterkunft und Verpflegung sowie Programmkosten. Anmeldung und Anfragen zum Stichwort „Fluchgeschichten“ bis zum 11. Februar beim Studienleiter des „Heiligenhofs“, Alte Euerdorfer Straße 1, 97688 Bad Kissingen, Telefon: (09 71) 71 47 14, Fax: (09 71) 71 47 47 oder per E-Mail an: info[ät]heiligenhof.de.

Schlagwörter: Tagung, Flucht und Vertreibung, Bad Kissingen, Einladung

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