20. November 2011

Zur Festschrift zum 60-jährigen Jubiläum der Landesgruppe NRW

Mutig, mutig! So einen Wälzer, so ein Kompendium, so ein „Lexikon“ hat bisher kein Landesverband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland zustande gebracht. Diese NRW-Festschrift überdauert das große Fest und ist ein tiefer Brunnen voll sprudelndem Wissenswasser.
Das „große Gemeinschaftswerk“, die „Leistungsschau der Siebenbürger Sachsen aus Nordrhein-Westfalen in 60 Jahren“ (Landesgruppenvorsitzender Rainer Lehni bei der Präsentation des Buches bei den Jubiläumsfeiern in Gummersbach) vereinigt auf 452 Seiten eine breit angelegte und sehr reich bebilderte Publikation mit hochkarätigen Beiträgen, mit einer zunächst fast verwirrenden Aufmachung. „Wir sind daheim“ – auch an seinem Gewand kann man es erkennen –, ja, wir sind daheim, hier in Nordrhein-Westfalen, hier in Deutschland, hier in der vor Jahrzehnten lang ersehnten Freiheit. Und hier haben wir einiges zustande gebracht, das wert ist, minutiös dokumentiert zu werden. Das ist dem Landesverband Nordrhein-Westfalen in besonderer Weise gelungen. Gratulation!

Wenn im Kölner Stadt-Anzeiger schon am 20. Juni 1966 in einem umfassenden Beitrag über die Einweihung von Drabenderhöhe getitelt wird: „Wir sind daheim“ (S. 162), wie könnte es heute, 45 Jahre später, anders sein? Die Siebenbürger Sachsen sind längst hier daheim. Das atmet auch dieses Buch.

Das Foto von Seite 346 mit Wolfgang Bretz bei der Kronenrede erscheint symptomatisch für dieses Buchprojekt: Die Lebensfülle, die Verbundenheit von Mensch und Natur, von Festtracht und Volksfest, von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft, die es widerspiegelt, das krönende Erreichen von gestellten Zielen durch einen jungen Burschen (ein Stafettenträger?) in altbewährter Tradition („Jungaltknecht“) – sie ist ein verbindendes Element dieses Werkes.

Beim näheren Betrachten sieht man sofort, da waren Profis am Werk: Bestens überlegte inhaltliche und gestalterische Konzeption, modernes, zeitgemäßes Layout, sehr ansprechender, qualitativ hochwertiger Druck. Zugleich wohnt dieser Schrift ein Geist der Freiheit, des Zusammenhalts, des siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaftssinns inne, es ist ein gewaltiges Plädoyer für den bruchlosen Transfer des 60 Jahre lang lebendig erhaltenen siebenbürgisch-sächsischen Erbes an die Jugend, an die „künftigen Stafettenträger“, wie sie Rainer Lehni bezeichnet (S. 403). Das schwere Buch ist keineswegs schwere Kost. Wenn man sich darauf einlässt. Es wirkt sicherlich für viele vergewissernd, identitätstiftend, für andere beispielhaft. Es widerspiegelt 60 und noch weit mehr Jahre siebenbürgisch-sächsischen Seins anhand konkreter Geschehnisse, Errungenschaften, Hoffnungen, Wünsche. Weit über NRW hinaus.

Zum Bucheinband. Erster Gedanke: Das soll ein Buch sein? Eine größere Anzahl leicht nach links geneigter blauer und hellgrüner Rechtecke mit ungewohnten Grafiken stilisierter Bauten aus Siebenbürgen (im blauen Feld) und Nordrhein-Westfalen (im hellgrünen Feld). Eine Art siebenbürgisch-sächsisches NRW-Memory? Das Suchspiel „Wo ist der Titel?“ ist schnell gelöst: Zwei Felder verraten ihn: WIR SIND DAHEIM und der Balken von links oben nach unten ergänzt in klarem Rot: 60 JAHRE SIEBENBÜRGER SACHSEN IN NORDRHEIN-WESTFALEN. Wer unsicher ist oder neugierig bleibt und auch die Rückseite des Covers anschaut, lebt vom Wiedererkennungseffekt. Vorn und rückwärts das identische Bild. Mit dem gewagten Design des Buchumschlags ist Peter Baumgartl ein großer Wurf gelungen.

Der inhaltliche Aufbau folgt – für diese Art von Publikationen üblich – dem vertrauten Muster: einführender Teil mit Grußworten – lobenswert: nur zwei, eines von der Landesmutter Hannelore Kraft und eines vom Bundesvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius – und Einleitung, Basiswissen zu den Siebenbürger Sachsen, Chronik der 60 Jahre Landesverband Nordrhein-Westfalen, Einzel- und Eigendarstellung der Kreisgruppen, Beiträge zur Jugend- und Frauenarbeit, zum musikalischen Leben, zu sozialen und wissenschaftlich-kulturellen Einrichtungen und – sehr überzeugend – am Schluss, vor dem umfangreichen Anhang (eine wahre Fundgrube voller Daten, Fakten, Namen, Karten, Diagrammen…), die obligaten Zukunftsgedanken.

Das Buch lebt förmlich von seiner breiten inhaltlichen und gestalterischen Vielfalt, etwa von seiner durchgehenden überzeugenden Gliederung, seinen zahlreichen prägnanten Illustrationen, seinen geglückten Überschriften, es lebt vom meist lebendigen, lockeren, gut verständlichen Sprachstil, ebenso von dem gewählten Qualitätspapier und dem sehr sauberen, lesefreundlichen Druck.

Das Buch setzt indirekt auch der Siebenbürgischen Zeitung (SbZ) ein Denkmal: Die zahlreichen in den Jubiläumsband aufgenommenen und farblich klar gekennzeichneten SbZ-Beiträge mit ihren meist auch pointierten Überschriften geben dem Buch eine besondere Würze. Hier taucht beim Lesen Erlebtes wieder auf oder Gewesenes wird erstmals dem Leser offenbart, in meist knappen Beiträgen, fast wie in den Zeitungsspalten.

Im Impressum heißt es mittendrin: „Koordination: Rainer Lehni“. Diese Untertreibung stimmt zwar, jedoch sagt sie wenig über die Tatsache aus, dass ein solches Projekt neben langem Atem, Durchsetzungskraft, Zeitaufwand, Können, Betteln, Mahnen, Danken auch das innere Gleichgewicht, die unumstößliche Einbettung in eine Gemeinschaft, die Leidenschaft, das Herzblut des früheren Bundesjugendleiters und aktuellen NRW-Landesvorsitzenden Rainer Lehni einfordert. Ihm und seinem Team sei Dank und Anerkennung ausgesprochen. Das Buch gehört in jedes siebenbürgisch-sächsische Haus, auch auf den Weihnachtsgabentisch!

Horst Göbbel


Die Festschrift kann zum Preis von 20 Euro zzgl. 4,95 Porto in der Landesgeschäftsstelle des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, Landesgruppe NRW, Bismarckstr. 90, 40210 Düsseldorf, E-Mail: nrw[ät]siebenbuerger.de, bestellt werden. Telefonische Bestellungen sind unter (02 11) 1 71 25 40, wochentags ab 18.00 Uhr, möglich. Das Buch kann auch beim Heimatwerk in Drabenderhöhe erworben werden. Öffnungszeiten: Montag von 15.00 bis 18.00 Uhr, Freitag von 10.00 bis 12.00 Uhr.

Schlagwörter: Nordrhein-Westfalen, Festschrift, Rezension, Jubiläum

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