4. Mai 2013

Zum Gedenken an den ehemaligen Direktor der Bergschule, Hermann Baier

Viele Generationen von Schülern verdanken ihm einen guten Mathemathikunterricht, der sie fürs Leben prägte und sie beruflich weiterbrachte, ebenso manche unvergessliche Klassenstunde, lehrreiche und interessante Schulreisen, humorvolle Gespräche sowie ein immer offenes Ohr und viel Verständnis für ihre Probleme. Am 16. April ist Hermann Baier wenige Wochen vor seinem 83. Geburtstag nach kurzer, schwerer Krankheit in Schäßburg verstorben. Mit seinem Pflichtbewusstsein, seinem Gemeinschaftssinn, dem gelebten Zusammenhalt und seiner Hilfsbereitschaft war er beispielgebend. Seine vielfältige Tätigkeit im Dienste der Schule reichte vom Übungsschullehrer zum Mathematiklehrer, Schulleiter, Schulrat (Schulinspektor) in leitenden Funktionen und wies ihn, wie Wiltrud Seiler in ihrer Würdigung zu seinem 80. Geburtstag schrieb, als einen „Vollblutpädagogen“ aus. Darüber hinaus war sein Wirken auch im politischen, kulturellen, nachbarschaftlichen und kirchlichen Bereich von großer Bedeutung.
Die Kunde über den plötzlichen Tod von Hermann Baier hatte sich rasch verbreitet und wurde von allen, die ihn kannten, mit großer Trauer aufgenommen. Eine große Trauergemeinde hatte sich am 18. April eingefunden, um ihn auf seinem letzten Weg zu begleiten. In seinem Nachruf anlässlich der Beerdigungsfeier würdigte der Schäßburger Stadtpfarrer Hans-Bruno Fröhlich die Lebensleistungen des Verstorbenen und seinen vielfältigen Einsatz zum Wohle der Gemeinschaft.

Hermann Andreas Baier wurde am 7. Mai 1930 in Dunesdorf bei Schäßburg als Sohn einer Landwirtfamilie geboren. Nach dem Besuch der Grundschule kam er zehnjährig im Herbst 1940 auf das „Bischof-Teutsch-Gymnasium“ / Bergschule nach Schäßburg, das auch eine seiner späteren beruflichen Wirkungsstätten werden sollte. Im letzten Kriegsjahr 1944/1945 musste er seinen Schulbesuch unterbrechen und vorübergehend bei der Eisenbahngesellschaft arbeiten. Als er 1945 seinen Schulbesuch wieder aufnehmen konnte, übernahm sein Vater Johann Baier die Stelle, da die Enteignung seiner Tätigkeit in der Landwirtschaft ein Ende gesetzt hatte. Einschneidend für Hermann Baiers Leben war der Tod seines Vaters, der am 24. Dezember 1947 bei einem Zugunglück ums Leben kam. So wurde Hermann Baier früh erwachsen und selbständig. 1949 legte er seine Reifeprüfung ab, wirkte ein Jahr lang als Übungsschullehrer und bezog dann 1950 die Hochschule in Temeswar, wo er Mathematik studierte.
Dr. Karl Scheerer (rechts), der stellvertretende ...
Dr. Karl Scheerer (rechts), der stellvertretende Vorsitzende des Schäßburger Deutschen Forums, verleiht Ende Mai 2012 bei den Deutschen Kulturtagen in Schäßburg Hermann Baier die Ehrenmitgliedschaft dieses Forums. Foto: Holger Wermke
Wieder in Schäßburg begann er seine Lehrerlaufbahn als Mathematiklehrer an der Pädagogischen Schule, wurde dann 1955 in die Schulleiterstelle der Allgemeinschule Nr. 3 versetzt und bereits ab Herbst 1956 zum Schulinspektor (Schulrat) des Rayons/Bezirks Schäßburg berufen. In dieser Stelle, die er drei Jahre innehatte, hat er sich für die bessere Lehrmittelausstattung der Schulen eingesetzt sowie für den Erhalt kleinerer Dorfschulen, die nicht die vorgeschriebene Kinderzahl aufweisen konnten. Drei Jahre später kam er zurück ins Schulamt, doch bereits 1963 wurde er zum Leiter der Unterrichtsabteilung des Rayonvolksrates ernannt. Er nutzte seine Position zum Wohle der Schule, das ihm sehr am Herzen lag, und für die er in politisch schwierigen Zeiten viel Gutes getan hat. Einige Jahre später finden wir ihn wieder im Schulamt, dann ab 1974 als Schulleiter der Allgemeinschule Nr. 3 und ab 1978 als Direktor der Bergschule / Josef-Haltrich-Lyzeum. Dieses Amt hatte er bis 1997 inne, obwohl er bereits 1990 in den Ruhestand verabschiedet wurde. Bis 2004 hat er im Schuldienst als Mathelehrer gewirkt und so mitgeholfen, entstandene Lücken und Mangel an deutschsprachigen Lehrern auszugleichen.

Die Bilanz seiner Tätigkeit für das Schulamt umfasst 52 Jahre, davon 21 als Mathematiklehrer, 25 als Schulleiter und sechs Jahre als Schulrat (Inspektor), Leiter des Schulamtes im Bezirk Schäßburg. Dabei war für ihn wohl der Spagat zwischen Politik und Wohlergehen der Schule sowie der Gemeinschaft manchmal auch sehr schwierig. Dennoch hat er seinen Optimismus und seinen Humor immer bewahrt.

Nach der Wende des Jahres 1989/1990 eröffneten sich auch für ihn, wie Stadtpfarrer Fröhlich betonte, neue Betätigungsfelder. „So wurde er in das Amt des Bezirkskirchenkurators des Schäßburger Kirchenbezirkes gewählt und im selben Jahr auch ins Landeskonsistorium der Evangelischen Kirche A. B., wo er stellvertretender Landeskirchenkurator und Vorsitzender des Rechts- und Finanzausschusses war. Drei Mandate bzw. zwölf Jahre lang (bis 2002) hat er diese Ämter ausgeübt. Ein Mandat lang (1999-2003) war er auch Presbyter der Schäßburger Kirchengemeinde“. Neben seiner Tätigkeit in der Kirchengemeinde war er auch als Nachbarvater aktiv, wo er sich für die Pflege der Gemeinschaft eingesetzt hat.

Am kulturellen Leben der Stadt hat er sich auch aktiv beteiligt, so dass er fast so viele Jahre wie im Lehramt auch im Kulturhaus tätig war. Er spielte 15 Jahre lang im Symphonieorchester, sang 17 Jahre lang im Kammerchor, war selbst 20 Jahre lang dessen Dirigent und mit dem Chor auch auf zahlreichen Konzertreisen erfolgreich. Unermüdlich hat er sich im gesellschaftlichen Leben Schäßburgs eingebracht. Stadtpfarrer Fröhlich betonte in seiner Rede, „dass man schwer einen Bereich findet, in welchem er nicht aktiv war“. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch sein Engagement für die Städtepartnerschaften im deutschsprachigen Raum, so zwischen Schäßburg und Neu-Isenburg in Hessen, Baden in der Schweiz und Dinkelsbühl. Er war auch 2005 der erste Vorsitzende des Freundeskreises Schäßburg-Dinkelsbühl.

In den letzten Jahren hat er sich als Gäste- und Fremdenführer rund um die Burg betätigt. Mit seinen humorvollen, an Anekdoten reichen Erklärungen und der Vermittlung wenig bekannter historischer Details hat er vielen Menschen Freude bereitet.

Dass bei seinen vielen Tätigkeiten die Familie oft zu kurz kam, ist leicht denkbar. Sie hat sicher oft auf ihren viel beschäftigten Ehemann und Vater sowie auf den Großvater verzichten müssen. Besonders die 1950er und frühen sechziger Jahre, als die drei Töchter klein waren, haben der Familie sicher viel abverlangt. Ohne das Verständnis seitens seiner Frau Wiltrud und seiner drei Töchter Hannelore, Lieselotte und Annemarie und später auch deren Familien wäre seine umfassende Tätigkeit nicht möglich gewesen. Seinen Enkeln konnte er sich mit mehr Zeit und viel Liebe widmen.

In seinem Nachruf betonte Stadtpfarrer Hans-Bruno Fröhlich: „Die Stadt Schäßburg, mit der er seit seiner Kindheit verbunden war, hat ihn geprägt. Aber das Gleiche gilt auch umgekehrt: Hermann Baier hat wie kaum ein anderer die Stadt Schäßburg in den letzten fünf Jahrzehnten geprägt. Darum ist er zu Recht im Jahr 1997 zum Ehrenbürger ernannt worden“.

Hermann Baier hat deutliche Spuren hinterlassen, die weit über seinen Tod hinausreichen und vor allem in der Tätigkeit all derer liegt, die er mit seiner Lehrtätigkeit geprägt und ihnen auf ihren Lebensweg vieles nicht nur an Schulwissen, sondern auch an ethischen Werten mitgegeben hat. Dafür gebührt ihm ein aufrichtiger Dank.

Erika Schneider

Schlagwörter: Nachruf, Bergschule, Schäßburg, Porträt

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