23. Februar 2014

Dirigent und Musikpädagoge Gernot Wagner gestorben

Gernot Wagner, der langjährige und erfolgreiche Dirigent vieler Musikformationen aus Siebenbürgen und Deutschland, ist am 14. Februar 2014 im Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart an den Folgen eines Herzleidens gestorben. Er hätte in drei Tagen, am 17. Februar 2014, seinen 80. Geburtstag gefeiert.
Mit ihm verliert die sächsische Gemeinschaft einen profilierten Musiker, dessen Wirken vielen Formationen zugutegekommen ist. Die Landesgruppe Baden-Württemberg und der Bundesverband verlieren einen Mann, dessen Einsatz für das gute Gelingen vieler Großereignisse bestimmend war. Ob es sich um die 40-Jahrfeier der Landesgruppe Baden-Württemberg 1989 auf dem Killesberg in Stuttgart, die 850-Jahrfeier der Siebenbürger Sachsen in der Frankfurter Paulskirche 1991 oder die Reise der Siebenbürger Blasmusik Stuttgart 1996 nach Nordamerika handelte, bei all diesen Veranstaltungen hat Gernot Wagner – Micker, wie ihn seine Freunde nannten – große Chöre bzw. ein Blasmusikorchester dirigiert und die Feierlichkeiten mit Musik festlich und würdig umrahmt.

Und wir verlieren einen Mann, dessen Liebe und Anhänglichkeit bis zuletzt Siebenbürgen und besonders seiner Heimatstadt Schäßburg galt; der jährlich mehrere Wochen in Schäßburg verbrachte und der diese Liebe auch seinen in Deutschland geborenen und lebenden Enkeln Maria, Anna, Lea und Johannes vermitteln wollte und ihnen die schönen Seiten Siebenbürgens stolz gezeigt hat bzw. auch noch gezeigt hätte.
Gernot Wagner, Juni 2008 ...
Gernot Wagner, Juni 2008
Geboren wurde Gernot Wagner am 17. Februar 1934 in Schäßburg als drittes Kind des Gerbermeisters Hugo Wagner und dessen Frau Martha Wagner, geborene Haab. Er wuchs auch dort mit seinen vier Geschwistern Günther, Wiltrud, Dietrich und Roswitha auf. Nach der Volksschule besuchte er 1948 bis 1952 das Lehrerseminar in Schäßburg und wurde Grundschullehrer. An seinem ersten Wirkungsort Reichesdorf unterrichtete er jedoch (wie damals schon üblich und notwendig) in den Klassen 1-7 sozusagen alle Fächer in deutscher Sprache von Mathematik bis Geographie und engagierte sich ehrenamtlich im Kulturbetrieb der Gemeinde bis 1956. Seine pädagogische und kulturelle Tätigkeit setzte er nach seiner zweijährigen Militärdienstzeit und einem Intermezzo als Berater im Schäßburger Kulturheim und als Mitarbeiter in der Faianța-Fabrik ab 1962 fort: In der Zwischenzeit hatte er geheiratet und unterrichtete mit seiner Ehefrau Renate, geborene Paulini, gemeinsam an der Allgemeinschule in Schaas. Es wurden dem Paar zwei Töchter, Ute und Gudrun, sowie ein Sohn, Gerhard, geschenkt. 1966 zog die Familie nach Kronstadt ins Burzenland, wo Gernot in Rosenau bis 1986 als Musiklehrer und in den letzten sechs Jahren auch als stellvertretender Schulleiter tätig war. Durch ein Fernstudium am Gheorghe-Dima-Konservatorium in Klausenburg hatte er auch einen akademischen Abschluss erlangt und konnte im Lyzeum (Sekundarstufe des Gymnasiums) unterrichten.

Er, der eigentlich nie auswandern wollte, folgte seiner Familie 1987 nach Deutschland. In Baden-Württemberg fand er nach erfolgreichen Anstrengungen zur Anerkennung für das Lehramt seinen neuen Wirkungskreis im Raum Waiblingen-Stuttgart. Seiner ca. zwanzigjährigen erfolgreichen Tätigkeit als Lehrer, Dirigent und Chormeister im Burzenland folgte nun eine ebenso lange und erfolgreiche Tätigkeit im Großraum Stuttgart.

In Rosenau leitete Gernot Wagner mehrere Chöre und war am Kulturaustausch zwischen den deutschen Formationen in Siebenbürgen interessiert und beteiligt. Der Unterzeichnende erinnert sich sehr gerne an den Besuch des Hermannstädter Männerchores in Rosenau am 28. November 1982, bei dem auch der von Gernot Wagner dirigierte Rosenauer Chor auftrat. Die besondere Liebe und Aufmerksamkeit von Gernot galt jedoch dem in der Nachbarstadt Neustadt funktionierenden Jugendblasorchester, das er 14 Jahre lang ab 1973 leitete.

Schon 1987, im Jahr der Ankunft in Deutschland, wurde Gernot Wagner Dirigent der Siebenbürger Blasmusik Stuttgart. Diese Formation leitete er bis 2001. Er hat diese Kapelle qualitativ vorangebracht, hat sie für das Wertungsspiel – den Vergleich schwäbischer Formationen innerhalb des Blasmusikverbandes Baden-Württemberg – vorbereitet. Und er hat die Kapelle 1996 auf ihrer Tournee durch Kanada und die Vereinigten Staaten dirigiert, sicher ein Höhepunkt seines Wirkens. An seinen sehr hohen Ansprüchen bezüglich Qualität des musikalischen Vortrags anlässlich der Vorbereitung des Konzertes zum 50-jährigen Jubiläum der Formation zerbrach dann nach 14 Jahren die Zusammenarbeit.

Viele Sänger des gemischten Chores der Kreisgruppe Stuttgart sind noch heute dankbar, dass Gernot Wagner 1990 die Leitung dieses Chores übernahm und sie bis 2008, also 18 Jahre lang, innehatte. „Er war ein strenger Chorleiter, aber das war auch gut so“, erinnert sich Agnetha Teutschlender, eine Sängerin. Und in dieser Zeitung berichtete Alfred Mrass, damals Pressereferent der Landesgruppe, über das Treffen sächsischer Chöre 1994 in Trossingen: „Gernot Wagner hat diesen Chor zu hoher Ausdrucksfähigkeit und Reife gebracht“.

Unter Gernot Wagner hat der Stuttgarter Chor sehr viele Veranstaltungen, angefangen von Konzerten, Erntedankfesten, Adventsfeiern, Feiern zum Tag der Heimat, Ausstellungseröffnungen u.a. bestritten. Es war der erste Kreisgruppenchor aus Baden-Württemberg, der an internationalen Wettbewerben teilnahm, an den Folklorefestivals 2001 in Feldes (Bled), Slowenien, und 2006 in Brünn, Tschechien, und Reisen ins Ausland (Siebenbürgen 1992) unternahm. Das konnte nur mit einem tüchtigen und fähigen Dirigenten wie Gernot Wagner gelingen.

Gernot Wagner legte als Lehrer in Baden-Württemberg und als Chordirigent in Stuttgart oder Backnang hohe Maßstäbe an die Qualität. Atemübungen vor der Probe, gute Aussprache, präzise Endungen, Einhaltung der Atempausen und einheitlicher Stimmenklang waren ihm wichtig. Er war zugleich ein Meister der großen Formationen und dirigierte wiederholt die vereinigten sächsischen Chöre von Baden-Württemberg in Stuttgart, Frankfurt oder Dinkelsbühl. Viele Chorveranstaltungen moderierte er mit viel Humor.

Der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland hat Gernot Wagner mit dem Goldenen Ehrenwappen ausgezeichnet. Es sei ihm auch auf diesem Weg für seinen Einsatz für die sächsische Gemeinschaft von hüben und drüben gedankt.

Alfred Mrass, Landesvorsitzender




Die Trauerfeier für Gernot Wagner findet am Freitag, dem 28. Februar 2014, um 14.00 Uhr in der Aussegnungshalle des Friedhofs Schwaikheim, Winnender Straße, in 71409 Schwaikheim statt.

Mentor und Freund für die Neustädter

Von 1973 bis zu seiner Aussiedlung 1987 wirkte Gernot Wagner als Leiter der Jungendblasmusik Neustadt im Burzenland. Für uns war er Leiter, Mentor, Freund und und und, ja auch die musikalische Triebfeder der jungen Bläser. In den 14 Jahren seines Wirkens hat er unzählige junge Neustädter zum Mitmachen animiert, diesen das Musizieren beigebracht und mit uns viel unternommen. Unser Notenmaterial hat er in unzähligen Stunden auf Blankonotenpapier, händisch für jedes Instrument, übertragen – heute einfach unvorstellbar.

Die Reisen, die er mit uns unternahm, führten nach Wurmloch und Radeln mit Übernachtung in Schäßburg (1976), Brăila und Galați (1977), Eisernen Tor (1978), Konzertreise nach Groß-Alisch, Keisd und Trappold (1982) und als Zusammenschluss der Kapellen Rosenau und Neustadt zum Wettbewerb „Cântarea României” nach Bukarest (1983 oder 1984, wobei wir den zweiten Platz belegten). Was ich eigentlich noch immer in Erinnerung habe, war das Üben, Üben, Üben; immer im Gasthaus „Grüner Baum“ (damals das Kulturhaus) im größeren Raum und im Winter im kleinen Raum. Da wir das Kulturhaus nutzen konnten, wurden wir von dessen Leiter verpflichtet, am rumänischen Landesfestival mitzumachen, das ein fester Punkt im Jahreskalender war, für den auch geübt werden musste.

Viele junge Neustädter wollten mitmachen, so dass jeden Herbst neue Bläser zu uns stießen, die angelernt werden mussten. So brachten wir bis zum Faschingsball wieder einige Stücke gut zusammen und gaben an der Fosendich das Beste, um die Neustädter zu unterhalten. Der Applaus gab uns stets neuen Mut weiterzumachen.

Es war eine entbehrungsreiche, aber auch eine schöne und abwechslungsreiche Zeit, die in unserer Erinnerung weiterlebt. Unserem Leiter Gernot Wagner ein herzliches Dankeschön, und möge er in Frieden ruhen. In Neustadt sagt man: „Gott, der Herr, schenke ihm die ewige Ruhe.“ Für die ehemaligen Mitglieder der Jungendblasmusik Neustadt

Helmut Chrestels



Für Gernot Wagner, den wir Micker nannten

Hab ich ohne dich ab sofort das Gesicht dieser Welt verloren?

Die Kerzen in alten Gedichten verlöschen heute.

Und die Milchstraße hat plötzlich kein Licht mehr. Federleicht

Ist nichts mehr, nichts mehr ein Fliegen. Wie einst mit dir.

Wir waren zusammen bis in unsere beste Zeit, als du, der mein Auschwitzbuch am besten besprach, und mit mir zusammen dann unsere Sach­sen aufstörtest, als „Nestbeschmutzer“ beschimpften sie dich. Auch dafür wurdest du von deinen Kindern, Nichten und Neffen verehrt.

Dieter Schlesak









Schlagwörter: Musik, Dirigent, Wagner, Nachruf

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