20. Mai 2017

Vermittler zwischen Kronstadt und Konstanz: zum Tod von Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Kuchar

Nach schwerer Erkrankung verstarb Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Kuchar am 27. April im Alter von 73 Jahren in Konstanz am Bodensee. Der gebürtige Hermannstädter wirkte von 1988 bis 2009 an der Technischen Hochschule in Konstanz als Professor (Lehrgebiete: Technische Mechanik, Konstruktionslehre), zudem auch als Gastprofessor in Kronstadt. 2015 verlieh ihm die Transilvania-Universität in Kronstadt die Ehrendoktorwürde (siehe Ehrendoktorat für Peter Kuchar). Auf der Trauerfeier am 5. Mai sprachen ehemalige Weggefährten zum Verlust von Peti Trostworte, zwei davon veröffentlichen wir hier in stark gekürzter Form.
Mit Peter verlieren wir einen ganz außergewöhnlichen Menschen. Manche von uns sind mit ihm einige Schritte gegangen, andere fast den gesamten Lebensweg. Über die gemeinsame Zeit im „Land der Lebenden“ haben wir viele Erinnerungen. Peter konnte auf eine überraschend direkte Weise Sympathie erzeugen, die er oftmals mit einem gezielten Griff an die Nase untermauerte. Er hatte einen trockenen Witz und für jede Situation Lebensweisheiten parat, wie beispielsweise, dass „ein Huhn zwar zwei gleiche Füße hat, ein Fuß aber immer rechter ist als der andere“ oder „dass es keinen Sinn macht, den Wind bergab zu schieben“. Er hat extrem gerne gefeiert. Seine Neigung zu guter Musik stand dabei über allem und ich kann mich an viele Feiern mit Jazz-Musik und Jam Session erinnern, diese Veranstaltungen mit Peter waren berüchtigt.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich für und mit Peter immer wieder Wege gegangen bin, die ich alleine so nicht gegangen wäre. Peter konnte überzeugen und einnehmen, hier kam der balkanesische Einschlag zum Tragen. In Rumänien geboren, konnte er dort „die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen“, so beschrieb er das kommunistische System, live erleben, was ihn dazu brachte, zusammen mit seiner Brigitte zu fliehen.

Peter hat seine Heimat trotzdem sehr geliebt, seine Heimat hat ihn geprägt und Peter war immer als Botschafter für Rumänien aktiv.
Peter Kuchar beim 50-jährigen Klassentreffen in ...
Peter Kuchar beim 50-jährigen Klassentreffen in Bad Kissingen, 2012. Foto: Manfred Huber
Die Partnerschaft mit der Hochschule in Kronstadt, die ohne Peters Aktivitäten so niemals entstanden wäre, ist neben zahlreichen Industriekooperationen ein Beispiel für die Früchte seines Wirkens. Für seine Aktivitäten in der Zusammenarbeit zwischen Kronstadt und Konstanz wurde Prof. Kuchar neben der Ehrenprofessur die Ehrendoktorwürde der Transilvana-Universität verliehen, was ihn sehr mit Stolz erfüllt hat.

Das führt uns zu Peters Tätigkeit als Professor an der Hochschule in Konstanz, die er von 1988 bis zu seinem Ruhestand vor acht Jahren gelebt hat. Für Peter war die Hochschule ein Teil seiner Familie, es gab keine wirkliche Trennung zwischen Privat und Beruf. Peter hat als Unikat, was er immer war, einen besonderen Zugang zu vielen Studierenden gehabt und diese Beziehung ist nach dem Studium oftmals erhalten geblieben. Peter war aber auch Familienmensch. Mit seiner Brigitte, war er fast 50 Jahre verheiratet.

Das war eben Peter, der als liebenswerter Mensch wie kaum ein anderer zahlreiche Freundschaften geführt und vor allem auch gelebt hat. Alleine schon am Buchungsgrad von „Hotel Brigitte“ in der Schottenstraße konnte man sehen, wie sehr diese Freundschaften gelebt wurden. Es gab kaum ein fachliches oder persönliches Problem, bei dem Peter nicht jemanden kannte, der weiterhelfen konnte. Mit Peter hatten wir einen offenen Menschen in einem offenen Haus, in dem wir uns alle immer wohlgefühlt haben. Wir werden uns immer an Dich erinnern und sagen adieu, bis dann, bis irgendwann, bis wir uns vielleicht mal wiedersehen.

Prof. Dr. Paul Gümpel, Hochschule Konstanz


Weltoffene, menschliche Sichtweise

Ich stehe hier in den unterschiedlichsten Funktionen, die ich mit vielen teile. Mit den hier Anwesenden, aber auch der vielen, die heute nicht hier sein können, weil sie, auf allen Teilen dieser Erde verstreut, dennoch mit Herzen und Gedanken hier sind. Ich stehe hier als Vertreter ehemaliger Studenten der Fachhochschule Konstanz. Als ich vor einem Vierteljahrhundert in der Vorlesung technische Mechanik 1 Professor Kuchar zum ersten Mal begegnete, hat er es geschafft, mit seiner besonderen Art trockene theoretische Thematik mit humorvollen menschlichen Untermalungen zu vermitteln, viele von uns in seinen Bann zu ziehen. Schnell habe ich realisiert, dass sich hier eine Persönlichkeit, trotz seiner zahlreich errungenen Titel, mit Dir als einfachen Studenten auf gleicher Augenhöhe begegnete.

Man hat sich bei ihm zuhause gefühlt, weil er auch sein Zuhause mit uns Studenten teilte. So durfte ich auch seine liebe Frau Brigitte kennenlernen und habe mich schnell als Familienmitglied der Kuchars gefühlt.

Bei einer von ihm organisierten Exkursion durften rund 50 Studenten das Land Rumänien, in dem er geboren wurde, kennenlernen. Der Funke zum durch die Karpaten durchzogenen Land ist auf mich übergesprungen. Wir bereiteten gemeinsam das Projekt vor, eine Straßenkehrmaschine im rumänischen Mediasch zu bauen. In der heißen Abschlussphase, vor der Messe in Bukarest, lebten wir gemeinsam unter einem Dach, in der Nachbarschaft meiner zukünftigen Ehefrau Cristina. Zwei Jahre danach, zurück in Deutschland, krönte er unsere Vermählung als Trauzeuge. Ich habe viele seiner tollen Freunde kennenlernen dürfen. Ich schloss mein Studium mit der Diplomarbeit ab, die er betreute. Ich gründete eine Firma und hatte von Beginn an Peti als Berater an meiner Seite.

Der Witz durfte ebenfalls in seinem Leben nie fehlen. Bereits nach seiner schweren Operation im vergangenen Jahr trieb er in der vollbesetzten Aula der Freiburger Universität, Medizinstudenten die Tränen in die Augen. Den operierenden Chefarzt nahm er prompt mit nach Rumänien, zeigte sein Herkunftsland und organisierte einen Vortrag an der medizinischen Fakultät in Hermannstadt. Er war ein Vermittler – ein Organisator.

Mit seiner weltoffenen, menschlichen Sichtweise konnte man mit ihm über gesellschaftliche Entwicklungen oder politisch aktuelle Tendenzen philosophieren. Technische Errungenschaften sowie der Motorsport waren ebenso Gegenstand vieler Gespräche. Wir verabschieden uns von Deiner irdischen Gestalt, vor der keine Nase sicher war. Wir tragen Dich in unseren Herzen als eben dieses erwähnte Geschenk, bis zum Ende unserer Tage. Unser ehrenwerter Professor, mein Mentor, unser Betreuer, Berater, Partner – meine Vaterfigur und ein bester Freund. Ruhe in Frieden, lieber Peti.

Dipl.-Ing (FH) Wolfgang Hoffmann, IPE Geschäftsführer / Inhaber, HPE-Konstanz


Schlagwörter: Nachruf, Wissenschaftler, Kronstadt, Konstanz, Hochschule, Ehrendoktor

Bewerten:

208 Bewertungen: ––

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.