1. Juni 2022

Geniale Symbiose von Mensch und Musik: Streiflichter von der Ehrung des Ausnahmecellisten Götz Teutsch in Wien

Dies gehört nicht zu meiner Alltäglichkeit. Neugier und Spannung steigen, als ich am frühen Abend des 2. Mai das Auto in der Nähe der Prinz-Eugen-Straße 60, 1040 Wien, parke. Der Botschafter von Rumänien in der Republik Österreich, Emil Hurezeanu, hat eingeladen: In einem Festakt wird Götz Teutsch, Solo-Cellist der Berliner Philharmoniker i.R., der Nationale Kulturverdienstorden im Rang eines Offiziers verliehen.
Als klavierspielende Wienerin ist mir der Jubilar, der seinen Wohnsitz jetzt in Salzburg hat, nicht wirklich bekannt. Doch meine Affinität zu Hermannstadt lässt mich schon im Vorfeld recherchieren und ich erahne das Ansehen dieses Mannes und die Bedeutung seiner Vorfahren für diese, seine Geburtsstadt wie auch für die Geschichte Rumäniens.

„Musik sollte einen Mittelpunkt haben“ – Musik ist auch der bestimmende rote Faden dieser Feier! Den musikalischen Auftakt bildet das Trio Nr.1 für Horn, Violine und Klavier von Frederic Duvernoy. Anschließend richtet Botschafter Emil Hurezeanu sehr persönliche Worte an den Jubilar. Er beschreibt Götz Teutsch als „Vollblutkünstler – mit einer glänzenden Karriere in Rumänien, Deutschland, Österreich und eigentlich auf der ganzen Welt". Die Anwesenden erfahren, dass es sich bei dem Auszuzeichnenden um den „Nachkommen einer der berühmtesten Familien in der Geschichte der Siebenbürger Sachsen und damit des heutigen Rumäniens“ handelt. Die Familie Teutsch sind Urhermannstädter und auch Götz Teutsch wurde in Hermannstadt geboren. Zwei berühmte und hochgeachtete Bischöfe gehören zu den direkten Vorfahren von Götz: Bischof Georg Daniel Teutsch war sein Urgroßvater und Friedrich Teutsch sein Großonkel. Beide Bischöfe waren Gelehrte und „Diener religiöser, nationaler und moralischer Pflichten, Verfasser bedeutender historischer und theologischer Werke, echte Europäer avant-la-lettre, Absolventen und Honorarprofessoren vieler Universitäten in Deutschland und Österreich“. [...]
Botschafter Emil Hurezeanu (links) überreichte ...
Botschafter Emil Hurezeanu (links) überreichte Götz Teutsch Urkunde und Orden. Foto: Heinz Wiess
Ein detaillierter Rückblick auf die Biographie von Götz Teutsch folgt. Immer wieder betont der Botschafter, dass das Leben von Teutsch und somit auch sein künstlerischer Werdegang eng mit Siebenbürgen und Rumänien verwoben sind. Es wird die lebenslange Freundschaft mit dem aus Czernowitz stammenden Cellisten Eduard Weissmann beschrieben, der wie Teutsch ebenfalls das Musikgymnasium in Bukarest besucht hatte und später in Berlin seine Karriere beim deutschen Radiosymphonieorchester fortsetzte. Zwei herausragende Künstler, die jeweils Mitglied der zwei berühmtesten deutschen Orchester waren und als Solisten begeisterten.

Schlussendlich widmet sich der Botschafter dem „Philharmonischen Salon“ der Berliner Philharmoniker – eine geniale Schöpfung des Jubilars. Die Zuhörer erfahren, dass das erste Treffen Fanny Mendelssohn gewidmet war – den literarischen Part las damals der prominente Bariton Dietrich Fischer-Dieskau. Mit einem charmanten Lächeln und einer kleinen „Warnung“ an den Jubilar betont seine Eminenz das neuerliche Kreuzen der persönlichen Wege: „Fischer-Dieskaus letzte Frau, Julia Varady, ist eine Ungarin aus Rumänien und ihr Sohn, selbst Solocellist, hat eine rumänische Journalistin zur Frau, die vor 25 Jahren meine Praktikantin beim Radio Deutsche Welle in Köln war.“

Der Botschafter weist abschließend noch auf die Bedeutung einer Dame im Publikum hin und drückt seine Freude darüber aus, dass sie am heutigen Abend anwesend sein kann: Laczikó Enikő Katalin ist Staatssekretärin und leitet das Departement für interethnische Beziehungen der rumänischen Regierung. „Frau Laczikó, eine Ungarin aus Siebenbürgen, ist heute die höchste Repräsentantin des rumänischen Staates bei der Zeremonie zur Auszeichnung des Nachkommens der bedeutendsten siebenbürgisch-sächsischen lutherischen Bischöfe Rumäniens. Eine schöne europäische Konstellation, die Rumänien bietet.“

Aus den 44 Duos für zwei Celli von Béla Bartók lässt den Applaus verstummen. Während ich der musikalischen Darbietung lausche fällt mir ein Satz ein, dem man diesem begnadeten ungarischen Komponisten zuschreibt: „Meine ganze Musik (…) ist von Instinkt und Gefühl geleitet.“ Wie passend, auch für den heutigen Festakt. Die eigentliche Laudatio folgt: Der bekannte rumänische Dirigent, Maestro Gabriel Bebeșelea – ebenfalls in Hermannstadt geboren – würdigt die Familie Teutsch im Allgemeinen und das musikalische Lebenswerk von Götz Teutsch im Besonderen. Er beschreibt das Wunderkind, das vom Apotheker in Reps Klavier- bzw. Cellounterricht erhielt. Später, bereits bei der Aufnahmeprüfung am Bukarester Musikgymnasium sorgte Teutsch mit seinem Cello für Furore. Sein hochmusikalisches Talent bewies er nicht nur beim Studium, sondern es führte ihn letztlich – nach erfolgreicher Ausreise in den Westen – 1970 zu den Berliner Philharmonikern. Er arbeitete unter anderem mit dem legendären Herbert von Karajan und Claudio Abbado zusammen. 1972 war Teutsch Gründungsmitglied der berühmten zwölf Cellisten, eigentlich die zwölf Cellisten der Berliner Philharmoniker, einem Ensemble von Violoncellisten der Berliner Philharmoniker, die zu den bekanntesten und erfolgreichsten Kammermusikern der Welt gehören. Bebeșelea würdigt die unzähligen Erfolge des Jubilars als Solocellist, seine Beschäftigung mit Alter Musik – Teutsch studierte auch Barockcello –, sein unermüdliches Engagement um den Philharmonischen Salon sowie seine ungebrochene Leidenschaft für die Kronstädter und die Hermannstädter Philharmonie. Doch der junge Maestro Bebeșelea wird nicht müde, auch Cordelia Höfer-Teutsch, Konzertpianistin, Professorin am Salzburger Mozarteum und Ehefrau von Götz Teutsch in den Mittelpunkt seiner Laudatio zu stellen, da sie seiner Meinung nach als wichtigste Bühnenpartnerin des gefeierten Künstlers gilt. Eine wunderbare Würdigung einer selbstbestimmten, starken und hochmusikalischen Frau!

Wieder leitet Musik zum entscheidenden Teil des Abends über, nämlich der Verleihung des Ordens. Im Namen von Rumäniens Staatspräsident Klaus Johannis überreicht Botschafter Emil Hurezeanu als Zeichen der Anerkennung für Teutsch’ bemerkenswerte künstlerische Tätigkeit und für sein ständiges Engagement für Kultur und Bildung in Rumänien den Nationalen Kulturverdienstorden im Rang eines Offiziers. Die Augen des Geehrten leuchten vor Freude und Dankbarkeit, seine Familie und alle Gäste würdigen ihn mit tosendem Applaus. Ein sichtlich gerührter Götz Teutsch bedankt sich überschwänglich und gibt abschließend das Geheimnis seines Erfolgs preis: „Ein Kind aus einer siebenbürgischen Familie, welches immer nur gehört hat: Deine Vorfahren waren ganz tolle Leute und du musst danachkommen. Sie müssen dein Vorbild sein und du musst permanent diesem Ideal, das die beiden Männer verfolgt haben, nacheifern.“ Teutsch endet damit, dass er schon in frühester Jugend mit dem Bild seines Urgroßvaters Georg Daniel anfing zu kommunizieren. Dies behielt er bis zum heutigen Tag bei – deshalb wird er auch die soeben erhaltene Auszeichnung einrahmen und zu dem Bild des Urgroßvaters hängen.

Dieses innige Zeichen der wertschätzenden Dankbarkeit hat einmal mehr deutlich gemacht, dass wir Menschen in unserem hektischen Existenzkampf niemals darüber hinwegsehen dürfen, dass wir alle nicht wir sind, sondern mit unserem Sein und Tun von denen abhängen, die vor uns waren.

Ingrid Weiss (Hermannstädter Zeitung)

Schlagwörter: Musik, Ehrung, Teutsch, Berlin, Hurezeanu

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