18. Januar 2007

Bedeutende Arbeit über siebenbürgisch-sächsische Kirchenburgen

1957 erschien das Buch „Bisericile-cetăți ale sașilor din Ardeal“ (Die Kirchenburgen der Sachsen in Siebenbürgen) von George Oprescu, der sich damals, als die Geschichte der Sachsen noch verpönt war, nicht nur über deren eigenartige Kirchenburgen, sondern auch über ihre sonstigen Eigenschaften und ihren Beitrag zur Entwicklung des Landes äußerst positiv äußerte. Das bedeutete unter den damaligen Umständen, aus dem Munde eines Akademiegliedes, eine moralische Ermunterung und Aufforderung zur Beschäftigung mit diesen Denkmälern und der sächsischen Vergangenheit. Seit jener denkwürdigen Veröffentlichung ist die Abhandlung von Iulian Cătălui, die hier vorgestellt werden soll, die bedeutendste von einem rumänischen Wissenschaftler geschriebene Arbeit zu diesem Thema.
Der Autor Iulian Cătălui bietet mehr als der Buchtitel angibt, er präsentiert nämlich angefangen von der Romanik bis zum Klassizismus bzw. Neoklassizismus die Wesensmerkmale dieser kunsthistorischen Entwicklung und deren Verbreitung in Siebenbürgen und teilweise auch in den transkarpatischen rumänischen Ländern.

Nicht unbedingt zum Thema gehörend, aber vor allem für den rumänischen Leser von Interesse sind die einleitenden Ausführungen über die Eroberung Siebenbürgens und einen Teil des transkarpatischen moldauischen und walachischen Raumes durch das ungarische Königreich sowie über die Ansiedlung der Sachsen in Siebenbürgen und über den kurzen Aufenthalt des Deutschen Ritterordens im Burzenland. Dabei nimmt der Verfasser mutig Stellung gegen die nationalistische Behandlung der rumänischen Kontinuitätsfrage durch rumänische und ungarische Historiker. Er betont dabei zwar die rumänische Präsenz in Siebenbürgen vor dem Vordringen der Magyaren, weist dabei aber ebenso eindeutig darauf hin, dass durch die Einbeziehung Siebenbürgens in das ungarische Königreich und die Ansiedlung von deutschen Kolonisten – den Siebenbürger Sachsen – die Zivilisation des entwickelteren Mittelalters Westeuropas in ein rückständiges Siebenbürgen verpflanzt wurde, wo es seit der Römerzeit kein städtisches Leben gab und wo die so genannte rumänische Zivilisation mit den Dorfgemeinschaften und den Protowojewodaten weit hinter dem Abendland zurückgeblieben waren. Die Zugehörigkeit zu Ungarn war demnach nicht, wie rumänische Historiker allgemein behaupten, ein Rückschritt für den südosteuropäischen Raum.


Diese Einschätzung, die in einem von Mircea Brenciu verfassten Vorwort unterstrichen wurde, scheint gewissen Kreisen nicht zugesagt zu haben, denn das Vorwort ist nicht erschienen. Auf diesen Tatbestand wies die Redaktion der Kronstädter „Karpatenrundschau“ unter dem Titel „Kontroverse um einen Geschichtsband“ hin und veröffentliche das Vorwort in deutscher Übersetzung (28. Januar und 4. Februar 2006).

Cătălui präsentiert dem Leser die verschiedenen Ansichten des Fachschrifttums über die etappenweise Niederlassung der Deutschen in Siebenbürgen und über ihre Urheimat. Es wird sodann die Entwicklung der Kirchenbaukunst, beginnend von der Romanik im 13. Jahrhundert bis zum Klassizismus bzw. Neoklassizismus, verfolgt.

Was die Wehrhaftmachung der Kirchen betrifft, unterscheidet der Verfasser zwei Grundtypen: Kirchenburgen, bei denen das Gotteshaus kaum oder nicht befestigt wurde, die aber um so stärkere Wehrmauern besaßen, und Wehrkirchen, bei denen die Kirche selbst in eine Festung umgebaut wurde. Das eigentliche Bild der Kirchenburgen oder Wehrkirchen weist eine Kombination und Mischung dieser beiden Grundtypen auf.

Was die Zahl der Kirchenburgen betrifft, gibt das Schrifttum voneinander abweichende Angaben an. Vo den einstigen etwa 300 bewehrten Gotteshäusern haben sich ca. 150 in mehr oder weniger guten Zustand erhalten. Im heutigen Kreis Kornstadt, der 1968 entstanden ist, gibt es davon über 40. Ihnen widmet Cătălui seine Darstellung. Es sind dies nach den alphabetisch geordneten rumänischen Ortsnamen folgende sächsische und einige szeklerische Kirchenburgen: Bekokten, Meeburg, Brenndorf, Bodendorf, Katzendorf, Kleinschenk, Großchenk, Kiewern, Neustadt, Deutschkreuz, Stein, Draas, Marienburg, Felmern, Schweischer, Heldsdorf, Honigberg, Hamruden, Eisdorf, Seiburg, Sommerburg, Leblang, Nußbach, Streifert, Meschendorf, Tartlau, Radeln, Rohrbach, Rothbach, Seligstadt, Petersberg, Scharosch, Deutsch-Tekes, Tarteln, Galt, Deutsch-Weißkirch, Wolkendorf, Zeiden, Weidenbach, Rosenau, Reps und Kronstadt.

Bei jeder Kirchenburg werden behandelt: Bau und Lage, erste dokumentarische Erwähnung der Ortschaft, kirchlichengeschichtliche Entwicklung, Beschreibung des inneren und äußeren Kirchenbaus sowie dessen Ausstattung (Altar, Taufbecken, Orgel, Gestühl, Malereien, Abendmahlkelche und sonstige liturgische Gefäße), Turmuhr, Glocken, Befestigungsanlage.

Das Buch ist somit, vor allem für den rumänischen Leser, eine wertvolle Dokumentation, die in einem Anhang auch die kunsthistorischen Begriffe erklärt.

Iulian Cătălui (geboren 1962 in Fogarasch) war von 1992-1993 Geschichtslehrer in Kronstadt, danach bis 2000 Presse- und Rundfunkreporter und ist seither Bibliograph der Kronstädter Kreisbibliothek.

Michael Kroner


Iulian Cătălui: Biserici fortificate din județul Brașov. O sinteză și un dicționar (Befestigte Kirchen im Kreis Kronstadt. Eine Synthese und ein Wörterbuch). Herausgegeben von der Kronstädter Kreisbibliothek „George Barițiu“, Verlag Orator, Brașov (Kronstadt) 2005, 350 Seiten, ISBN 973-7630-02-5.

Schlagwörter: Kirchenburgen, Geschichte, Rezension, Burzenland

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