22. September 2014

Kopf-an-Kopf-Rennen um das Präsidentschaftsamt in Rumänien

Bei den Wahlen um das Präsidentschaftsamt in Rumänien am 2. November bahnt sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Ministerpräsident Victor Ponta und dem Hermannstädter Bürgermeister Klaus Johannis an. Weitere Kandidaten bewerben sich um das höchste Amt im Staat.
Obwohl sich die Christlich-Liberale Allianz (ACL), bestehend aus Nationalliberaler Partei (PNL) und Demokratisch-Liberaler Partei (PDL), auf Klaus Johannis als Kandidaten geeinigt hat (diese Zeitung berichtete), kündigte auch PDL-Europaparlamentarierin Monica Macovei ihre Kandidatur als Unabhängige für das Präsidentschaftsamt an. Nachdem ihr PDL-Parteichef Blaga daraufhin mit dem Parteiausschluss gedroht hatte, erklärte sie entgegen ihrer ursprünglichen Absicht ihren Austritt aus der PDL.

Der ehemalige Premierminister und aktuelle Bürgermeister von Klausenburg, PDL-Mitglied Emil Boc, setzte sich über den Beschluss seiner Partei hinweg, Johannis als Kandidaten zu unterstützen, und erklärte, die Kandidatin der Băsescu-nahen Bürgerbewegung-Partei (PMP) Elena Udrea fördern zu wollen. Nachdem diese ihre Kandidatur bekannt gemacht hatte, verabschiedete sich der bisherige offizielle Kandidat der PMP, Cristian Diaconescu, von der Partei. Er will nun ebenfalls als Unabhängiger antreten.

Die Ökologische Partei schickt den ehemaligen PDL-Abgeordneten William Brânza ins Rennen.

Ponta versus Johannis

Umfragen zufolge qualifizieren Rumänen den aktuellen Premierminister und Präsidentschaftskandidaten Victor Ponta (PSD) zwar als „lügnerisch“, „demagogisch“ und „populistisch“ ab, trauen ihm aber dennoch Erfolge bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und im sozialen Ausgleich zu. Ob Ponta mit seinen nationalistischen Tönen und der Instrumentalisierung seines orthodoxen Glaubens vor Johannis punkten kann, bleibt dennoch abzuwarten. Nur noch fünf Prozent der Wähler betrachteten es im Juli als Nachteil, dass Johannis der deutschen Minderheit angehört.

Einer Facebook-Analyse von Mediafax Research & Monitoring zufolge verzeichnet Johannis derzeit unter allen Präsidentschaftskandidaten den stärksten Zuwachs an Fans. Dennoch liegt Ponta mit der Anzahl der „Likes“, „Shares“ und „Comments“ nach wie vor an der Spitze. Ihm folgen Johannis, Macovei, Udrea und Călin Popescu-Tăriceanu in dieser Reihung. Ein Vergleich der Facebookseiten ergab: Das PR-Team von Ponta vermittle erfolgreich klare, aktuelle, leicht verständliche Botschaften an alle Kategorien seiner Fans. Johannis hingegen wirke mit „studiomäßigen“ Fotos unpersönlich, die vermittelten Botschaften seien lang und abstrakt.

Ein möglicher Imageverlust droht Johannis durch die jüngste gerichtliche Entscheidung, wonach seine Wahl zum Parteichef der PNL gesetzeswidrig gewesen sei. Johannis war Ende Juli durch eine Ausnahmeregelung zum Parteivorsitzenden gewählt worden, laut Satzung der Partei hätte er aber mindestens zwei Jahre PNL-Mitglied sein müssen. Die Partei will gegen das Urteil Einspruch erheben. Man betonte jedoch, dass die Präsidentschaftskandidatur von Johannis dadurch nicht gefährdet sei.

Mit einem geschickten, aber sehr umstrittenen Schachzug versucht Ponta indes, sich einen Wahlvorteil zu verschaffen. Die Regierung änderte das Wahlgesetzes per Eilerlass und billigte das Überläufertum von Kommunalpolitikern. Der Einspruch der PNL, die Gesetzesänderung sei verfassungswidrig, wurde am 16. September vom rumänischen Verfassungsgericht abgelehnt. Johannis stellte zwar klar, dies sei nicht aufgrund des Inhalts, sondern lediglich aufgrund der Form geschehen – doch das Thema ist damit erstmal durch.

Trotzdem seien die Wahlchancen von Johannis beträchtlich, erklärte kürzlich der ehemalige Vorsitzende der Liberalen, Crin Antonescu. Die Hürde der 200.000 Unterschriften, die jeder Kandidat laut Wahlgesetz bis zum 23. September erreichen muss, hat Johannis mit 600.000 Unterstützern bereits in der ersten Septemberwoche bewältigt.

NM

Lesen Sie zu diesem Thema auch:

Für welche Werte steht Klaus Johannis als Präsidentschaftskandidat?, SbZ Online vom 11. September 2014

Nützliche Informationen zum Wahlvorgang, SbZ Online vom 11. September 2014

Schlagwörter: Wahlen, Johannis, Politik

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Neueste Kommentare

  • 22.09.2014, 11:00 Uhr von pedimed: Die Frau des KJ ist Rumänin, also auch ein Vorteil für seine Wahl. [weiter]

Artikel wurde 1 mal kommentiert.

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