5. April 2009

Rotkäppchen in siebenbürgisch-sächsischer Mundart

Stumme Tonbänder sind zum Leben erweckt worden und reden – sächsisch! Lagerndes Archivmaterial beginnt auf einmal zu erzählen: „Et wor emol ...“ So heißt die Doppel-CD, die das möglich macht. Herausgeber ist der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V., wo sie auch zum Preis von 12 Euro, zuzüglich Versand, bestellt werden kann (siehe Besprechung in dieser Zeitung). „Sachsesch Wält“ weist auf dieses verdienstvolle Projekt anhand der wort- und möglichst lautgetreuen Umschrift des ersten Märchens dieser Auswahl hin: Die siebenjährige Edda aus Schellenberg erzählt Rotkäppchen.
Et wor imol e Me ... ~ en Moetter uch e Medchen, dåt Medchen hatt Rotkäppche gehießen. End dåi Moetter hatt et gescheackt, et sål ba seng Grißi gohn, då hatt äm Bäsch gewunt, se wor krunk. En hatt em allerhund gegiën, Wen uch Toert, uch allerhund, end de Moetter hatt gesot: „Te sålt awwer nierest am Weech stoh bleïwen!“ Det Medchen hatt gesot: „Chea“, end wor gegeongen.

Norr af iemol wor der Wuulf kunn en hatt gesot: „Wur gihste, Rotkäppchen?“ Det Rotkäppchen hatt gesot: „Bä meng Grißi.“ End der Wuulf hatt gesot: „Pläck er uch en puer Blommen, se wid sich jo froin. Awwer wo wunt deng Grißi?“ End det Rotkäppchen hatt gesot: „Do farr am Bäsch ba den droi Tannen.“ End der Wuulf wor schniel gelufen end wor ännegegeongen, hatt de Griße freßen, hatt sich den Uuģespäjjel afgedon en hatt sich det Schlofhemd ugeziuģen en hatt sich de Kapp afgedon, wor ant Båt geliëjen end hatt geschlofen.

End wä det Rotkäppche kum, hatt et gesot ~ hatt et ugeklopt en wor eräkunn en hatt gesot: „Awwer Grißi, wat fir griß Uuģen host tea!“ End der Wuulf hatt gesot: „Datt ich dich beßer såh kun.“ Dro hatt det Rotkäppche gesot: „Awwer Grißi, wat fir en griß Nuas host tea!“ – „Datt ich dich beßer reche kun.“ – „Awwer Grißi, wat fir griß Ihren host tea!“ – „Datt ich dich beßer hire kun.“ – „Awwer Grißi, wat fir en griß Mïell host tea!“ – „Datt ich dich beßer freße kun.“ En dro wor der Wuulf afgestunden en hatt et freßen.

End dronn wor der Jåjer do verbåigegeongen end hatt geduicht: „Wat äs mät deser Grißer? Äs se esi stark krunk?“ Wor ännegegeongen, hatt de Wuulf gesåhn, hatt em de Beoch afgeschnidden, end det Rotkäppchen uch de Griße woren ereouskunn, en hadde gedranken uch geßen, end der Jåjer wor dro hiemegegeongen ... end de Geschicht wor eous.

Danksagung

Höchster Dank und Anerkennung gebührt allen, die an der Entstehung dieser Doppel-CD „Et wor emol ...“ beteiligt waren. Durch sie wird die „Feldforschungsarbeit“ zur Dokumentation unserer Mundart, die zwischen 1966 und 1975 in Siebenbürgen geleistet worden ist, einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Die Doppel-CD enthält eine Auswahl von Märchen. Weitere Texte können im Internet angehört werden unter www.siebenbuerger.de/medien/sprachaufnahmen/.

Bernddieter Schobel

Links:

Mundartaufnahme anhören: Rotkäppchen in siebenbürgisch-sächsischer Mundart auf www.siebenbuerger.de

Rezension der Doppel-CD „Et wor emol ...“

Die Doppel-CD „Et wor emol ...“ hier bestellen

Schlagwörter: Mundart, CD, Märchen, Sprachaufnahmen

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