22. Juni 2019

Bernd Fabritius: "Die Siebenbürger Sachsen haben einen wichtigen Beitrag zum Wohlstand unseres Landes geleistet"

Gratulationen seitens der Bundesregierung übermittelte deren Beauftragter für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Dr. Bernd Fabritius. In der Festveranstaltung „Für die Gemeinschaft – 70 Jahre Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V.“ am 8. Juni in der St. Pauls-Kirche strich Fabritius das lebendige Erbe und die stolze Identität der Siebenbürger Sachsen heraus. Durch ihren Fleiß und ihre Tatkraft hätten die Siebenbürger Sachsen „einen wichtigen Beitrag zum Wohlstand unseres Landes geleistet“. Tatkraft beweist auch Bernd Fabritius als Aussiedlerbeauftragter der Bundesregierung. Ihm ist es gelungen, eine Landesbeauftragtenkonferenz einzurichten. Eine direkte Folge dieses neuen Zusammenwirkens ist die Entschließung des Bundesrates zur Korrektur der ungerechten Rentenregelung. Bernd Fabritius` Ansprache wird im Folgenden im Wortlaut wiedergegeben.
Liebe Landsleute, es ist mir eine besondere Ehre und Freude, zu Ihnen heute sprechen und die Tradition der Teilnahme des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten an den Heimattagen der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl fortsetzen zu dürfen, eine Tradition, die du, lieber Christoph Bergner, hast nie abreißen lassen.

Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten darf ich von Amts wegen viele Termine wahrnehmen, der Heimattag der Siebenbürger Sachsen genießt bei mir jedoch selbstverständlich die höchste Priorität. Aus diesem Grund habe ich die Einladung des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland zu dieser Jubiläumsveranstaltung sofort und sehr gerne angenommen.
Aussiedlerbeauftragter Dr. Bernd Fabritius ...
Aussiedlerbeauftragter Dr. Bernd Fabritius übermittelte Glückwünsche der Bundesregierung zum 70. Verbandsjubiläum. Foto: Günther Melzer
Ich darf Ihnen aus Berlin die besten Wünsche der Bundesregierung überbringen, insbesondere von unserer Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel und von unserem Bundesinnenminister Herrn Horst Seehofer überbringen.

Dank für die Treue und Gastfreundschaft der Stadt Dinkelsbühl

Der Verband der Siebenbürger Sachsen wird 70 Jahre alt. Der von ihm veranstaltete Heimattag findet bereits seit 1951 in Dinkelsbühl statt. Dies kann man mit Fug und Recht als eine gute Tradition, ja als eine Institution – in der sächsischen Welt und auch für die Stadt Dinkelsbühl bezeichnen. Ich möchte an dieser Stelle auch der Stadt Dinkelsbühl namens der Bundesregierung ein herzliches Dankeschön für ihre langjährige Treue und Gastfreundschaft gegenüber den Siebenbürger Sachsen aussprechen! Link zum Video Festveranstaltung: Für die Gemeinschaft – 70 Jahre Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. Video: Günther Melzer In der Siebenbürgischen Zeitung, die nicht nur Pflicht-, sondern sehr begehrte Lektüre in Bund und den Ländern ist, können Sie das vielfältige Wirken und die Erfolge der Siebenbürger Sachsen nachlesen. Dazu gratuliere ich Ihnen und auch der Siebenbürgischen Zeitung, die das alles so umfassend und anschaulich präsentiert.

Siebenbürgisch-sächsisches Bewusstsein wachhalten und an die junge Generation weitergeben

Der weitaus größte Teil der Siebenbürger Sachsen lebt nun außerhalb der alten Heimat, vorwiegend in Deutschland. Der Verband hat die Zeichen der Zeit erkannt und hier Strukturen aufgebaut, die es ermöglichen, sächsisches Bewusstsein bei möglichst vielen Landsleuten wachzuhalten und an die nächsten Generationen weiterzugeben. Er ist Ansprechpartner der Bundes- und Landesregierungen für Fragen der Aussiedlerpolitik.

Aussiedleraufnahme und Eingliederung, Kulturarbeit, Sozialarbeit, Jugendarbeit, das sind nur einige der Schwerpunkte seiner Tätigkeit. Die Siebenbürger Sachsen pflegen ihr Brauchtum und ihre Kultur liebevoll und ohne Nachwuchssorgen. Was wir hier sehen können, ist ein lebendiges Erbe und eine stolze Identität inmitten der bundesdeutschen Gemeinschaft!

Respekt und Anerkennung für mehrere Generationen Siebenbürger Sachsen

Aus diesem Grunde ist es mir ein Anliegen, im Namen der Bundesregierung explizit unseren Respekt und Anerkennung für die Lebensleistung mehrerer Generationen Siebenbürger Sachsen zum Ausdruck zu bringen. Durch ihren Fleiß und ihre Tatkraft wurden sie in Deutschland heimisch. Sie konnten in Deutschland eine neue Existenz gründen, sie integrierten sich nicht nur schnell in die aufnehmende Gesellschaft, sie konnten und wollten dieser auch etwas zurückgeben. Die Siebenbürger Sachsen haben einen wichtigen Beitrag zum Wohlstand des gesamten Landes geleistet.

Die Bundesregierung schätzt die Siebenbürger Sachsen als Brückenbauer und Partner bei ihrem Engagement für Frieden, Aussöhnung und Verständigung in Europa und insbesondere mit dem Herkunftsgebiet Rumänien. Gerade im 30. Jahr des Falls der Berliner Mauer und der Samtenen Revolutionen vom Balkan bis zum Baltikum möchte ich betonen, wie wichtig dieses Ziel ist.

Beauftragter vertritt die politischen Interessen der Aussiedler

Lassen Sie mich noch ein paar Worte zur Funktion des „Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten“ sagen. Wie Sie sicher wissen und wie es sich bereits aus dem Titel ergibt, umfasst der Tätigkeitsbereich mehrere Schwerpunkte und richtet sich an unterschiedliche Zielgruppen. Es sind nicht nur die Aussiedler und Spätaussiedler in Deutschland, sondern auch die deutschen Minderheiten – vor allem in den Ländern Mittel- und Osteuropas. Hinzu kommen die sogenannten autochthonen nationalen Minderheiten in Deutschland, zu denen neben den Sorben die Friesen, die Dänen und die Sinti und Roma zählen.

Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten nehme ich an erster Stelle die politische Vertretung der Interessen der Spätaussiedler wahr. Ich beobachte und begleite proaktiv die relevanten Gesetzgebungsverfahren und koordiniere das gemeinsame Handeln von Bund und Ländern in diesem Bereich. Wenn ich Änderungsbedarfe sehe, setze ich mich für die Entwicklung neuer Vorschläge ein und werbe im politischen Raum für ihre Verabschiedung durch den Bundestag.

Erste Erfolge: Landesbeauftragtenkonferenz und Rentenfrage

Es ist bereits im ersten Jahr meiner Amtszeit gelungen, alle meine Amtskollegen in den Bundesländern an einen Tisch zu bringen, eine Landesbeauftragtenkonferenz einzurichten, um ein gemeinsames Vorgehen in den Ländern zu initiieren. Dazu haben wir gemeinsam eine Beauftragtenkonferenz ins Leben gerufen, die bis jetzt zwei Mal getagt hat und auf jeden Fall fortgeführt wird.

Meine Damen und Herren, einen erster großer Erfolg darf ich vermelden. Dass der Freistaat Bayern mit Unterstützung der Bundesländer, die einen Aussiedlerbeauftragten bestellt haben, im Bundesrat eine Entschließung zur Korrektur der ungerechten Rentenregelung durchgesetzt hat, ist eine direkte Folge dieses neuen Zusammenwirkens in Bund und Land.

Ein weiterer wichtiger Aspekt meiner Tätigkeit ist die Informationspolitik der Bundes-regierung in Aussiedlerfragen. Diese Informationsarbeit umfasst nicht nur aktuelle Pressemitteilungen etwa zu Gesetzesnovellierungen, sondern auch die Organisation von Konferenzen und Fachtagungen mit aussiedlerpolitischen Schwerpunkten.

Positives Bild der Aussiedler in der bundesdeutschen Gesellschaft

Meine Damen und Herren, das Bild der Aussiedler in der bundesdeutschen Gesellschaft dürfen wir nicht dem Zufall überlassen. Es hat sich in der Zwischenzeit gewandelt zu einem sehr positiven Bild. Und es ist mit Sicherheit richtig, wenn ich sage, dass die Siebenbürger Sachsen dafür maßgeblich Ursache und Grund gewesen sind. Dafür ebenfalls einen herzlichen Dank der Bundesregierung!

Als zentraler Ansprechpartner des Bundes stehe ich den Selbstorganisationen der Aussiedler, gemeint sind die Landsmannschaften und landsmannschaftlichen Verbände, beratend und unterstützend zur Seite. Unmittelbarer Ansprechpartner bin ich auch bei ganz konkreten Bürgeranfragen und Bürgereingaben.

Aussiedlerpolitik ist Heimatpolitik

Seit meinem Amtsantritt vor rund einem Jahr habe ich viele Termine im In- und Ausland wahrgenommen. Bei all diesen Begegnungen ist mir deutlich geworden, dass für die Menschen – seien es die Angehörigen der deutschen Minderheiten im Ausland, seien es die Aussiedler und Spätaussiedler aus Siebenbürgen oder Russland oder Kasachstan in Deutschland oder die nationalen Minderheiten in Deutschland – Identität und Heimat jedem dieser Personenkreise unglaublich wichtig sind.

Es geht darum, Bedingungen zu schaffen, die eine gleichberechtigte Teilhabe am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben in Deutschland ermöglichen: Deswegen ist Aussiedlerpolitik nichts anderes als Heimatpolitik.

Auch wenn sich die Lebensumstände jeder einzelnen Gruppe deutlich voneinander unterscheiden, so vereint sie doch der Wunsch, in ihrer Einzigartigkeit wahrgenommen zu werden und in einem Umfeld zu leben, das sie als ihr Zuhause bezeichnen können. Deutschland will für sie alle „ihr Zuhause“ – ihre Heimat sein.

Die allermeisten von ihnen leben bereits seit mehreren Jahrzehnten in Deutschland und sind Teil einer offenen, demokratischen Gesellschaft geworden, das heißt, sie haben hier Heimat gefunden. Dafür, dass es so bleibt, setze ich mich mit ganzer Kraft ein.

Wir leben in einer immer komplexer werdenden, vernetzten Welt, die viele Menschen verunsichert. Die neuen Herausforderungen durch Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Fusionen von internationalen Konzernen sowie ein wieder aufkeimender Nationalismus auch innerhalb der Europäischen Union, selbst in unserem Heimatland Rumänien, hinterlassen bei vielen Menschen Sorgen und Ängste, unabhängig davon, ob es um ganz reale oder nur gefühlte Bedrohungen geht.

Politik muss den Menschen Halt und Orientierung geben

Für mich heißt das ganz konkret, dass die Politik den Menschen Halt bieten muss, um die Orientierung nicht zu verlieren. Verantwortliche müssen Sorge dafür tragen, dass die Menschen sich wertgeschätzt und ernstgenommen fühlen, so dass sie eine Heimat finden, sowohl im örtlichen als auch geistigen Sinne. Dieser Begriff „Heimat“, der in letzter Zeit im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung verankert ist, setzt sich mit aktuellen Entwicklungen der bestehenden Verhältnisse in der heutigen Welt auseinander. Nur so können wir die Lebensverhältnisse der Menschen verbessern und ihnen gleichzeitig eine Bindung zu ihrem Umfeld sichern.

Sie als Verband haben sich in den letzten 70 Jahren Ihres Bestehens in genau diesem Sinne in die bundesdeutsche Gesellschaft eingebracht, Ihre Mitglieder – und auch die Landsleute, die den Weg zu Ihnen zwar noch nicht gefunden haben, von Ihrem Wirken aber umfassend profitieren – sind bestens vertreten und zu einem hoch anerkannten, geschätzten und wertvollen Teil unserer Gesellschaft geworden.

Dazu ehrlichen Dank und herzlichen Glückwunsch!

Bleibt mir nur noch, nach diesen Ausführungen, Ihnen nur noch alles Gute zum 70. Geburtstag, einen anregenden Abend, interessante Begegnungen zu wünschen und uns allen einen wunderschönen Heimattag!



Bildergalerie: Festveranstaltung 70 Jahre Verband der Siebenbürger Sachsen

Videodokumentation auf dem SiebenbuergerDE-Kanal auf YouTube: Festveranstaltung "Für die Gemeinschaft – 70 Jahre Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland", 8. Juni 2019 in Dinkelsbühl

Schlagwörter: Heimattag 2019, Bernd Fabritius, Aussiedlerbeauftragter, Aussiedler, Jubiläum

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