8. Februar 2025
Trauer um Altbundespräsident Horst Köhler
Der frühere Bundespräsident Horst Köhler ist am 1. Februar im Alter von 81 Jahren gestorben. Köhler war von 2004 bis 2010 das deutsche Staatsoberhaupt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte den Verstorbenen als „einen Glücksfall für unser Land“. In einem Kondolenzschreiben an seine Witwe Eva Luise Köhler betonte er: „Wir können nur zutiefst dankbar sein, dass wir Horst Köhler als neunten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland erleben durften. Er hat diesem Land viel gegeben."

Bundespräsident Steinmeier erinnerte in seinem Kondolenzschreiben an Köhlers „Zugewandtheit“, sein „ansteckendes Lachen“ und seinen „Optimismus, es waren sein Glaube an die Stärke unseres Landes und an die Energie und die Kreativität seiner Menschen, die ihn so viele Herzen gewinnen ließen". Steinmeier würdigte zudem dessen Eintreten für einen fairen Umgang mit Afrika, „dem Kontinent, dem sein Herz gehörte“. 2007 besuchte Köhler im Rahmen einer Osteuropareise auch Hermannstadt. Hier traf das Staatsoberhaupt mit Vertretern der deutschen Minderheit zusammen und würdigte die siebenbürgische Metropole als ein „Vorbild für das gelungene Zusammenleben verschiedener Nationalitäten und Religionen“. In jenem Jahr befand sich Rumänien im ersten Jahr seiner EU-Mitgliedschaft, Hermannstadt war Europäische Kulturhauptstadt (zusammen mit Luxemburg).
Irritationen hinsichtlich der familiären Wurzeln des verstorbenen Altbundespräsidenten hat eine in der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien (ADZ) zitierte persönliche Äußerung des Bürgermeisters von Temeswar/Timișoara Dominic Fritz ausgelöst. Danach sei Köhlers Mutter, Elisabetha Köhler, geb. Bernhard, in Kronstadt geboren worden (siehe Bürgermeister Dominic Fritz würdigt seinen Mentor). Auf Anfrage der Redaktion dieser Zeitung teilte das Büro von Bundespräsident a.D. Horst Köhler mit, dass die Mutter von Horst Köhler „nach unserem Kenntnisstand“ in Ryschkanowka (Bessarabien) geboren wurde. Der Hinweis von Fritz auf Kronstadt sei möglicherweise damit zu erklären, dass Köhlers Eltern „zeitweise im siebenbürgischen Komandu bei Kronstadt lebten“. Horst Köhler wurde während der deutschen Besetzung Polens am 22. Februar 1943 als siebtes von acht Kindern bessarabiendeutscher Eltern in dem polnischen Dorf Skierbieszów (damals: Heidenstein) geboren. Beim Vorrücken der Roten Armee flüchtete die Familie gen Westen und ließ sich schließlich in Ludwigsburg nieder, wo Horst Köhler aufwuchs.
CS
BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius zum Tod von Horst Köhler
Mit großer Trauer erfüllt uns die Nachricht vom Tode von Bundespräsident a.D. Dr. Horst Köhler, der am 1. Februar 2025 im Alter von 81 Jahren verstorben ist. Horst Köhler kam am 22. Februar 1943 im polnischen Skierbieszów zur Welt, einem Dorf in der Nähe von Lublin, das während der deutschen Besetzung Polens bis 1944 Heidenstein hieß. Er war das siebte von insgesamt acht Kindern. Die Köhlers waren im Zuge der „Heim-ins-Reich“-Politik der deutschen Nationalsozialisten 1942 als selbstständige Bauern dort angesiedelt worden. Sie waren ursprünglich Bessarabiendeutsche und hatten ihre Heimat in Ryschkanowka, heute Rîșcani in der Republik Moldau, aufgeben müssen. Bereits im Frühjahr 1944 musste die Mutter mit den jüngeren Kindern vor der anrückenden Roten Armee flüchten; die Wehrmacht brannte das Dorf nieder. Nach Aufenthalten in diversen Lagern erreichte die Familie Markkleeberg bei Leipzig. 1953 gelang den Köhlers noch vor dem 17. Juni die Flucht über West-Berlin in die Bundesrepublik. Vier Jahre lang lebten sie in verschiedenen Flüchtlingslagern. 1957 wurde das schwäbische Ludwigsburg schließlich Heimat für die Familie.
Horst Köhler empfand seine Familie als vom Vertreibungsschicksal besonders geprägt. Als „von den Nazis herumgeschubste Opfer“ hatte sie, wie viele andere Vertriebene aus dem „Generalgouvernement“, unter einer zweifachen Vertreibung gelitten. Gleichzeitig erklärte er, sich selbst nicht als Vertriebener zu fühlen und bewahrte sich überdies stets den Blick für den historischen Kontext.
In das höchste Staatsamt, in das er 2004 gewählt wurde, brachten ihn seine intellektuelle Brillanz, seine unbefangene Ehrlichkeit, seine menschliche Größe und auch seine Verdienste um die deutsche Einheit. Doch gerade sein Vertreibungsschicksal rückte in den Vordergrund, als die Zeitschrift „Stern“ unmittelbar vor der Wahl ein Porträt des Kandidaten mit dem Titel „Barackenkind im Schloss Bellevue“ überschrieb.
2006 war Horst Köhler beim Bund der Vertriebenen zu Gast und hielt als Bundespräsident, wie alle Präsidenten vor ihm, eine bewegende Festrede zum Tag der Heimat. Dort bekannte er freimütig: „Daher tun wir gut daran, auch den Vertriebenen zuzuhören – Ihnen zuzuhören. Nicht nur, um zu erfahren, wie es damals war. Sondern auch, um den Flüchtlingen und Vertriebenen dabei zu helfen, mit der Last umzugehen, die ihnen noch immer auf der Seele liegt. Und ich weiß, wovon ich spreche, auch mir liegt ein Stück davon auf der Seele.“ Horst Köhler war ein Mensch mit Herz und Verstand. Er verstand die Herausforderungen und Nöte der Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden, und setzte sich dafür ein, dass ihre Geschichten und Schicksale in der Gesellschaft Gehör finden.
Er war der festen Überzeugung, dass die Erinnerung an die Vergangenheit und die Verantwortung für die Zukunft Hand in Hand gehen müssen. Darum war ein Befürworter des Dialogs und des Respekts zwischen den Kulturen. Das hat er auch als großer Freund des afrikanischen Kontinents immer wieder unter Beweis gestellt. 2006 sagte er den deutschen Heimatvertriebenen: „Vertrieben, heimatlos – Millionen erlitten und erleiden noch immer dieses Schicksal und tragen für immer daran. Das kann niemanden gleichgültig lassen. Vertreibungen sind Unrecht, und sie dürfen kein Mittel der Politik sein. Es ist Aufgabe der ganzen Völkergemeinschaft, dieser Erkenntnis überall auf der Welt zum Durchbruch zu verhelfen – beharrlich, aber mit dem Ziel, am Ende doch eine bessere Welt zu schaffen.“
Horst Köhler hat bis zum Schluss nach diesem Credo gelebt. Die deutschen Heimatvertriebenen werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Quelle: Bund der Vertriebenen (BdV)
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Schlagwörter: Bundespräsident, Köhler, BdV, Flucht und Vertreibung, Hermannstadt
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