17. März 2014

Interview mit Hans Gärtner, Vorsitzender des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften e.V.

Im Verband der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften e.V. herrscht Aufbruchstimmung. Bei der Mitgliederversammlung am 27. Oktober 2013 in Bad Kissingen wurde Hans Gärtner als neuer Vorsitzender des HOG-Verbandes gewählt, Stellvertretende Vorsitzende sind Dr. Hans Georg Franchy und Heinz-Walter Hermann. Der neue Vorstand hat seit Amtsantritt vor mehr als hundert Tagen eine Fülle von neuen Projekten gestartet. Chefredakteur Siegbert Bruss führte das folgende Gespräch mit dem neuen Vorsitzenden des HOG-Verbandes. Hans Gärtner wurde am 15. Oktober 1962 in Blasendorf geboren, ist in Schönau aufgewachsen und wanderte 1978 nach Deutschland aus. Der Wirtschaftsingenieur arbeitet bei einem großen Dax-Konzern südlich von München, ehrenamtlich setzt er sich seit 2002 als stellvertretender Vorsitzender und seit 2006 als Vorsitzender der HOG Schönau ein.
Wie fällt die Bilanz aus: Was hat der neue Vorstand des HOG-Verbandes bisher erreicht?
Der Vorstand des HOG-Verbandes hat sich kurz nach der Wahl unter anderem das Ziel gesetzt, die Kommunikation und Internetpräsenz wesentlich zu verbessern. Wir haben die Kommunikation aufgebaut, die HOGs können nun miteinander kommunizieren, und wir können alle HOGs erreichen. Die neue Internetpräsenz ist schon fast fertig und wird im März online geschaltet.
Zudem haben wir Grundsatzgespräche mit der Landeskirche im November 2013 in Hermannstadt geführt, wobei wir uns einig sind, dass sich der HOG-Verband und die Kirche in den nächsten Jahren gemeinsam und intensiv um den Erhalt der Kirchenburgen kümmern werden. Das ist die eine Seite. Andererseits wollen wir uns stärker mit den Heimatgemeinden in Siebenbürgen austauschen, sei es mit Pfarrern oder Bürgermeistern. Der HOG-Verband möchte die Heimatortsgemeinschaften animieren, mehrere Treffen in Siebenbürgen zu gestalten, weil die Erfahrung zeigt, dass wir da unseren Kindern am besten siebenbürgische Kultur und Leben vermitteln können.
Ein weiteres Gespräch wurde mit dem Verband der Siebenbürger Sachsen am 10. Januar in München geführt, wobei die beiden Seiten grundsätzlich erklärt haben, dass der Verband seine Hauptaufgabe nach wie vor in Deutschland hat und die HOGs ihn dabei unterstützen werden. Der landsmannschaftliche Verband wird den HOG-Verband bei allen Aktivitäten unterstützen, die dieser in Siebenbürgen entfaltet. Es wurde also gegenseitige Unterstützung zugesagt und vereinbart. Die Vertreter des Verbandes stellten in diesem Gespräch fest, dass viele HOGs und Kreisgruppen sehr gut zusammenarbeiten, dass es aber auch Kreisgruppen gibt, die bisher weniger von den HOGs unterstützt wurden. Deshalb wurde der HOG-Verband gebeten, dahingehend zu wirken, dass diese Zusammenarbeit auch kleineren Kreisgruppen zugutekommt.
Ab 2017 wollen die Heimatortsgemeinschaften stärker beim Heimattag mitmachen. Wenn sie als Mitausrichter in Dinkelsbühl aktiv werden, stärkt das die Regionalgruppen und schweißt sie zusammen. Durch diesen Einsatz können wir auch jene Siebenbürger Sachsen nach Dinkelsbühl bringen, die bisher weniger beim Heimattag vertreten waren. Wir wollen den Heimattag also auf eine breitere Basis stellen.

Hans Gärtner. Foto: Siegbert Bruss ...
Hans Gärtner. Foto: Siegbert Bruss
Das ist ja eine Fülle von Projekten, auf die wir einzeln eingehen können. Als Erstes: Welche Aufgaben nehmen die HOGs gemeinsam mit der Kirche und dem Forum in Siebenbürgen wahr?
Die wichtigste gemeinsame Aufgabe mit der Kirche ist der Erhalt des Kulturgutes. Mit dem Forum gab es bisher wenige gemeinsame Aktivitäten, wir fangen erst jetzt an, uns anzunähern und erste Schritte gemeinsam zu machen. So war der Vorsitzende des Siebenbürgenforums, Martin Bottesch, im Februar zu Gast bei unserer erweiterten Vorstandssitzung in Gingen an der Brenz. Das Forum kann den HOG-Verband und die Heimatortsgemeinschaften unterstützen, wenn es um die eigenen Gemeinden, den Erhalt des Kulturgutes geht, wenn man mit Bürgermeistern ins Gespräch kommen will. Das sind die gemeinsamen Aufgaben, die ich im Moment mit dem Forum sehe.

Der HOG-Verband ist dem Verband der Siebenbürger Sachsen im Frühjahr 2012 als juristisches Mitglied beigetreten. Weshalb bist du ­gegen einen Beitritt der einzelnen Heimatortsgemeinschaften zum Verband?
Ich war einer, der sehr dafür war, dass der HOG-Verband dem Verband der Siebenbürger Sachsen beitritt, um dem Verband die Möglichkeit zu geben, alle Siebenbürger Sachsen in Deutschland zu vertreten. Aber ein Beitritt der einzelnen Heimatortsgemeinschaften zum landsmannschaftlichen Verband würde eine Verwässerung von Strukturen und Organisationen bedeuten. Das halte ich nicht für zielführend. Jeder Verband sollte seine eigenen Strukturen und Aufgaben haben. Wichtig ist, dass wir uns gegenseitig unterstützen. Aber von Verwässerung, Kreuz- oder Matrixorganisationen halte ich nicht viel, denn dann weiß keiner, mit wem er zusammenarbeitet.

Welche Aufgaben können der HOG- und der landsmannschaftliche Verband gemeinsam wahrnehmen?
Es gibt da sicher viele Möglichkeiten, sich gegenseitig insbesondere bei Veranstaltungen in Deutschland zu unterstützen. Wie schon erwähnt, können Kreisgruppen von HOGs unterstützt werden, aber ich kann mir auch gut vorstellen, dass Tanzgruppen oder Theatergruppen der Kreisgruppen bei HOG-Veranstaltungen auftreten.

Wie will der HOG-Verband den Heimattag in Dinkelsbühl stärker mitgestalten?
Die HOG-Regionalgruppe Burzenland hat schon zwei Mal erfolgreich als Mitausrichter beim Heimattages mitgewirkt. Die Heimatortsgemeinschaften bringen neue Ideen ein. Die Regionalgruppe Burzenland hat zum Beispiel Kronstadt stärker in den Vordergrund gerückt. 2015 wird die Regionalgruppe Zwischenkokelgebiet Mitausrichter des Heimattages sein. Es werden Brauchtumsveranstaltungen aus dieser Region geboten, im Vordergrund werden der Wein und andere Themen stehen, die in dieser Form noch nicht da waren. Auch andere Regionalgruppen können diesem Beispiel folgen und das in den Vordergrund stellen, was bei ihnen typisch war.

Du sprichst dich dafür aus, dass jeder Siebenbürger Sachse Mitglied des landsmannschaftlichen Verbandes sein soll. Weshalb ist das nötig?
Das ist eine Grundeinstellung von mir, die alle Siebenbürger Sachsen betrifft, die nach Deutschland ausgewandert sind. Es war eine sehr gute Geschichte, dass fast jeder Siebenbürger Sachse, der bis 1989 nach Deutschland gekommen ist, Mitglied der Landsmannschaft wurde. Das hätte auch nach 1989 so sein sollen. Die Siebenbürger Sachsen haben der Landsmannschaft sehr viel zu verdanken, weil es ihre politische Vertretung in Deutschland ist. Wir wohnen jetzt in Deutschland, egal ob Mitglied einer HOG oder nicht. Und jeder sollte unserem Verband beitreten, um ihm die Möglichkeit zu geben, unsere Interessen stärker in der Politik zu vertreten. Je mehr Mitglieder, desto besser ist die Position unseres Vereins, ferner sehe ich in der Mitgliedschaft ein Bekennen zur siebenbürgischen Identität. Wir sind eine Gemeinschaft und wollen im Endeffekt das Gleiche.

Der Vorstand will eine neue Struktur des HOG-Verbandes schaffen. Wie soll diese Struktur aussehen, weshalb ist das überhaupt nötig?
Wir haben festgestellt, dass die Regionalgruppen nicht unbedingt funktioniert haben, weil es sie keine richtigen Aufgaben hatten. Die einzige Regionalgruppe, die funktioniert, ist das Burzenland. In den anderen Regionalgruppen sind jeweils verschiedene Kirchenbezirke vertreten. Deshalb wollen wir die Regionalgruppen entlang der Kirchenbezirke neu strukturieren – mit zwei Ausnahmen: Burzenland und Nordsiebenbürgen, das sind historisch zusammengewachsene Gemeinschaften mit eigenen Traditionen. Auf diese Weise bekommt jede Regionalgruppe eine andere Aufgabenstellung, und ihre Sprecher können viel einfacher beim jeweiligen Dechanten vorsprechen.

Der neue Vorstand will Aufbruchstimmung unter den 132 HOGs, die Mitglied im HOG-Verband sind, aber auch unter den Nichtmitgliedern erzeugen. Wie könnt ihr das erreichen?
Indem wir in Zukunft viel mehr präsent sind, auch in den Medien, indem wir die die Kommunikation verbessern und alle Siebenbürger Sachsen über die Themen, die uns betreffen, informieren. Schon allein die Kommunikation an sich bewegt die Leute. Wenn sie hören, was der eine und der andere macht, findet ein bisschen mehr Konkurrenzdenken und Mitdenken statt. Und das ruft Aufbruchstimmung hervor.

Schlagwörter: Interview, HOG-Verband, Vorsitzender

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