23. April 2020

Anselm Roth machte den Schiller-Verlag zu einer kulturpolitischen Institution

Dieser Freitagabend, der 3. April 2020, wird mir immer im Gedächtnis bleiben. Kann das denn sein – mein Verleger, mein guter Bekannter, mein Freund Anselm verstorben? Ja, ich weiß, er hatte Herzprobleme. Einige Jahre zuvor entging er Freund Hein nur knapp, da ein verschleppter Grippevirus sein Herz angegriffen und eine Herzmuskelentzündung ausgelöst hatte. Aber er hatte sich davon wieder erholt. Nur wenige Zeit danach, im Frühjahr 2019, arbeiteten wir beide an unserem nächsten Buch „Im Schatten des Kaisers“, das kurz darauf erschien. Wer aber hätte gedacht, dass es unser letztes sein sollte.
Es war wie immer ein reibungsloses Zusammenwirken, ein Ferndialog per e-mail, Korrektur und Gegenkorrektur, bei gelegentlichen Missverständnissen ein Telefongespräch, mehr war nicht notwendig, denn ich hatte nach vielen Jahren der Zusammenarbeit diesen Arbeitsstil gründlich verinnerlicht.

Ich muss unweigerlich an das Jahr 2006 denken, als ich mich mit meinem ersten Buchmanuskript an den hora-Verlag gewandt hatte. Da wurde mir von der Verlegerin Frau Höppner der für mich zuständige Lektor vorgestellt. Ein korpulenter, imposanter Mann, jünger als ich selbst, der mit seinem Wissen und seiner direkten, leutseligen Art einen sofort für sich zu gewinnen verstand. Wir setzten unser Gespräch im Biergarten im Erlenpark fort.
Der Autor und sein Verleger: Wilhelm A. ...
Der Autor und sein Verleger: Wilhelm A. Baumgärtner (links) mit Anselm Roth bei einer Buchvorstellung im Hof des Teutsch-Hauses (2012). Foto: Konrad Klein
Dieser Dialog sollte im Wesentlichen nicht abreißen. Mit seiner Hilfe entstand eine ganze Reihe von Büchern zur siebenbürgischen Geschichte. Sie erschienen in einem neuen Verlag, dem Schiller-Verlag, den er mit seinem Partner Jens Kielhorn gegründet hatte. Anselm Roth war es, der dem Autor immer wieder Mut zusprach, auch wenn die Verkaufszahlen nicht immer glänzend waren. Vielleicht hätte ein anderer Verleger aufgegeben, doch sein Zuspruch förderte die Motivation weiterzumachen.

Mit meiner Freundin Heidemarie Bonfert besuchten wir ihn im Sommer des Jahres 2019. Diesmal war es anders als bei unserem Besuch im Vorjahr. Es gab keine Führung durch sein Michelsberger Rundhaus und seinen Garten, keine Einladung zum gemeinsamen Essen. Anselm ging es nicht gut. Wir waren besorgt, aber machtlos. Gute Ratschläge sich in ärztliche Aufsicht zu begeben und das möglicherweise auch in Deutschland, banges Hoffen unsererseits, mehr war nicht möglich. Nach der später eingetroffenen Nachricht „alles wieder gut“ konnten wir aufatmen.

Doch ein Gefühl blieb, wie prekär seine Gesundheit war, wie scheinbar sorglos er damit umging. Seine genialische Art, seine Spontaneität erlaubte kein geregeltes Leben. Er war ein Künstler durch und durch, einer der der bürgerlichen Welt nur äußerlich angehörte, ansonsten aber seiner eigenen Natur folgte. Seine Bücher, vor allem die Bildbände zu den siebenbürgischen Kirchenburgen, geben ein Zeugnis davon. Er verband Professionalität mit künstlerischer Ästhetik. Auch in den Fremdbüchern, die er produziert hatte, war seine Handschrift erkennbar.
ADZ-Journalist Holger Wermke (li.) mit Wilhelm A. ...
ADZ-Journalist Holger Wermke (li.) mit Wilhelm A. Baumgärtner und Anselm Roth mit seiner Dobermann-Dame Lena am Eingang zum Teutschhaus (2012). Foto: Konrad Klein
Sein Schaffen hat entscheidend dazu beigetragen, dass dieser kleine Schiller-Verlag zu einer kulturpolitischen Institution Siebenbürgens geworden ist. Andere können sicher besser beurteilen, welche große Bedeutung Anselm Roth für das kulturelle Leben in Hermannstadt hatte und welche Lücke sein plötzlicher Tod hinterlässt. Doch über dem allen steht das Menschliche, das Gefühl des großen Verlustes, eines Verlegers, eines Bekannten, eines Freundes. Wer weiß, wie viele Bücher noch von ihm und durch ihn noch entstanden wären. Wen kann der Satz des römischen Komödiendichters Titus Maccius Plautus schon trösten: „Wen die Götter lieben, den lassen sie jung sterben“. Anselm Roth ist viel zu früh verstorben. Wir werden ihn nicht vergessen. Er wird in unseren Herzen weiterleben!

Wilhelm Andreas Baumgärtner und Heidemarie Bonfert

Schlagwörter: Kultur, Anselm Roth, Nachruf, Verlag, Hermannstadt, Michelsberg

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