6. Dezember 2025

Emotionale Musik der Siebenbürger Sachsen

Es war ein besonderer Kulturnachmittag am 9. November: Die Kreisgruppe Karlsruhe im Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland hatte zu der Veranstaltung geladen und zahlreiche Musikliebhaber waren in den Gemeindesaal der evangelischen Markuskirche gekommen, um Ernst Irtel (1917-2003) Ehre zu erweisen. Werner Gohn-Kreuz, Vorsitzender der Kreisgruppe, begrüßte rund 80 Gäste von nah und fern. Die Lidertrun eröffnete das Programm mit dem Volkslied „Ech gohn af de Bräck“. Dieses Lied führte in den Mittelpunkt des Kulturnachmittags, es verbindet die Mitglieder der Lidertrun mit einem unvergessenen Erlebnis mit dem Musikpädagogen und Komponisten Ernst Irtel auf Schloss Horneck. Werner Gohn-Kreuz übernahm die Moderation und führte feinfühlig und geschickt durch das Programm.
Kulturnachmittag in Karlsruhe (von links) mit ...
Kulturnachmittag in Karlsruhe (von links) mit Werner Gohn-Kreuz, Karl Heinz Piringer, Rolf Binder, Michael Gewölb, Marlene Mild, Hans Seiwerth, Angela Seiwerth, Christian Duca, Georg Ongert. Foto: Cristian Gohn
Christian Duca, ein Neffe Irtels, brachte uns mit seiner Präsentation den Menschen Irtel näher. Untermalt von Adolf Meschendörfers „Siebenbürgischer Elegie“, vertont von Ernst Irtel, wurden dem Publikum viele unveröffentlichte Fotos präsentiert und Christian Duca steuerte einige interessante Informationen und Anekdoten bei, etwa zur Familiengeschichte, deren Wurzeln z. T. im Württemberg des 19. Jahrhunderts liegen, oder zur Vorliebe Irtels zur klaren Aussprache und den lustigen Irritationen, die das in seiner neuen Heimat Franken mit dortigen Dialektsprechern hervorgerufen hat. Besonders die Tonaufzeichnungen mit der Stimme Irtels bei einer Musikveranstaltung auf Schloss Horneck mit Kindern im Jahre 1998 wurden von den Zuhörern mit Ehrfurcht aufgenommen. Die musikalische Bildung und Förderung der Jugend war ihm sehr wichtig. Als Musikpädagoge wirkte Irtel an verschiedenen Schulen. Neben Schäßburg und Hermannstadt verbrachte er die meisten Berufsjahre in Mediasch. Mit seinem Geburtsort Mühlbach fühlte er sich stets eng verbunden, hier fand er immer die nötige Ruhe und Halt.

Ernst Irtel hat außer Musikkompositionen auch das weniger bekannte Buch über Carl Filtsch geschrieben. Carl Filtsch stammt wie Irtel aus Mühlbach. In diesem Buch beschäftigte sich Irtel mit dem kompositorischen Schaffen des siebenbürgischen Wunderkindes Carl Filtsch, das 11-jährig Schüler von Frédéric Chopin wurde und trotz seines frühen Todes mit 15 Jahren acht Kompositionen für Klavier hinterließ. Rolf Binder spielte daraufhin zwei dieser Kompositionen: Agitato in E-Dur (1840) und Barcarolle in Ges-Dur.

Es folgten vier Kompositionen von Ernst Irtel für Cello und Klavier. Mit den Miniaturen „Es ist ein Flüstern“, „Vöglein Schwermut“, „Albumblatt für Doris“ und „Scherzo“ verzauberte das Duo Georg Ongert und Angela Seiwerth die Zuhörer. Der ehemalige Solo-Cellist an der Hermannstädter Staatsphilharmonie wirkt heute in Nürnberg in diversen Kammermusikformationen mit. Begleitet wurde er auf dem Klavier von Angela Seiwerth, Absolventin der Musikschule „Gheorghe Dima“ in Klausenburg. Die gebürtige Mühlbacherin verdankt Ernst Irtel frühe musikalische Impulse und fand später mit Ehemann Hans Seiwerth und den Kindern den Weg auf Schloss Horneck – zu Irtels Konzerten.
De Lidertrun mit Angela Seiwerth beim Konzert in ...
De Lidertrun mit Angela Seiwerth beim Konzert in Karlsruhe. Foto: Cristian Gohn
Die Koloratursopranistin Marlene Mild trug sieben Irtel-Lieder vor und führte das Publikum so zum Höhepunkt dieses musikalischen Nachmittags. Selbst in Mediasch geboren, kannte sie den Komponisten noch aus ihrer Kindheit. 1997 hat Irtel eigens für ihre Stimme Kunstlieder komponiert und begeistert festgestellt: „Sie singt wie ein Engel“. Marlene Mild ist eine Meisterin in der hohen Kunst der Liedinterpretation, was sie den interessiert lauschenden Zuhörern kunstvoll bewiesen hat. Ihre Bühnenpräsenz und Fähigkeit, die Zuhörer mit ihrer Stimme zu fesseln, machten den Auftritt zu einem unvergesslichen Erlebnis. Begleitet von Angela Seiwerth am Klavier, kamen die Musikliebhaber in den Genuss folgender Kunstlieder: „Reiselied“ (Hermann Hesse), „O Süßer Mai“ (Achim von Arnim), „Lied des Harfenmädchens“ (Theodor Storm), „Und werden Tage“ (Lulu von Strauß und Tornay), „Schließe mir die Augen“ (Theodor Storm), „Der alte Brunnen“ (Hans Carossa), „Wenn die warmen Nächte kommen“ (Lulu von Strauß und Tornay).

Vor der Pause informierte der Moderator darüber, dass die Komponisten Ernst Irtel und Carl Filtsch auf Schloss Horneck verewigt sind. Die nach ihnen benannten Musikzimmer beinhalten unzählige Informationen der siebenbürgischen Musikgeschichte und geballtes Bildmaterial über die beiden Musiker. Werner Gohn-Kreuz erwähnte dabei die kürzlich erschienene Informationsbroschüre „Musik bei den Siebenbürger Sachsen. Die Musiksalons Irtel und Filtsch“ von Heinz Acker, die nur im Siebenbürgischen Kulturzentrum Schloss Horneck erhältlich ist.

Nach der Pause folgte ein berauschendes Konzert der Lidertrun. „Wer kennt sie nicht, diese Extrem-Hobby-Musiker?“, hieß es bei der Vorstellung von Hans Seiwerth, Karl-Heinz Piringer und Michael Gewölb. Sie verzaubern uns immer wieder mit ihren Bearbeitungen siebenbürgisch-sächsischer Volkslieder und ganz aktuell mit landlerischem Liedgut. Das Repertoire umfasste Lieder wie „Um Olt, um Olt, bäm gielen Rihn“, „Et soß en Katzken af dem Doch“, „Än Freck af der Bräck soß en däck Mäck“, „De Astern blähn ihnsem äm Guerten“, „Zwoa Sterndl am Himmel“. Die Zuhörer konnten in Erinnerungen schwelgen, sich von der Begeisterung der Künstler anstecken lassen, ihre zahlreichen mitgebrachten Instrumente bestaunen und selbst hie und da mitsingen.

Zum Abschluss dieses besonderen Kulturnachmittags erklang das wunderbare, alte siebenbürgische Volkslied „Et såß e klie wäld Vijjeltchen“ mit einem Finale von Ernst Irtel. Dabei standen die Musiker des Nachmittags gemeinsam auf der Bühne. Geschickt wechselten die Mitglieder des Ensembles mitunter ihre Instrumente, trugen die Verse alternativ vokal oder instrumental vor, einstimmig, mehrstimmig, a capella oder in Begleitung von Angela Seiwerth, ergänzt von Georg Ongerts Cellospiel und Marlene Milds Gesang.

Was für ein Finale! Nach drei Stunden gefühlvoller Musikbeiträge erlebten wir ein nachdenkliches, glückliches Publikum. Ein herzliches Dankeschön geht an Margrit Csiky für die Empfehlung der Musikkünstler und das Informationsmaterial. Großer Dank gebührt den Vorstandsmitgliedern und Helfern der Kreisgruppe Karlsruhe. Marianne Metz, Doris Späth, Klaus Metz und Alfred Schmidt haben einen großen Beitrag zum guten Gelingen rund um die Veranstaltung bis spätabends gebracht.

Zu guter Letzt die Stimme von Marlene Mild: „Das Konzert in Karlsruhe wird mir in sehr schöner Erinnerung bleiben. Es war toll zu sehen, wie alle Beteiligten und alle Helfer sich für das Gelingen des Nachmittags eingesetzt haben. Ein großes Kompliment an Ihre Arbeit und Organisation dieses Gedenkens an Ernst Irtel, der sicher von ‚oben‘ mit Wohlgefallen dabei war.“

Ina Schuller

Schlagwörter: Konzert, Irtel, Lidertrun

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