4. November 2014

Neuer Staatspräsident heißt Ponta oder Johannis

Die Entscheidung über Rumäniens nächsten Staatspräsidenten fällt in einer Stichwahl am 16. November zwischen dem amtierenden Ministerpräsidenten Victor Ponta und dem Bürgermeister von Hermannstadt Klaus Johannis. Keiner der 14 Kandidaten für die Amtsnachfolge von Traian Băsescu konnte in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen die absolute Mehrheit erreichen. Wie die Zentrale Wahlbehörde in Bukarest bekannt gab, kam der Sozialdemokrat Ponta (42 Jahre) auf 40,44 Prozent, sein bürgerlicher Herausforderer Johannis (55 Jahre) auf 30,37 Prozent. Mit großem Abstand folgen Călin Popescu-Tăriceanu (5,36%), Elena Udrea (5,20%) und Monica Macovei (4,44%) sowie die übrigen Mitbewerber. Die Wahlbeteiligung lag bei 53,17 Prozent.
Victor Ponta gab sich am Wahlabend siegessicher im Hinblick auf die Stichwahl. Die von seiner Sozialdemokratischen Partei (PSD) 2012 eingeleitete Wende werde jetzt vollendet, versprach der Regierungschef. Entschlossenheit demonstrierte sein Rivale Klaus Johannis, Vorsitzender der Nationalliberalen Partei (PNL). Der Siebenbürger Sachse erklärte: „Ab jetzt läuft der Wettstreit nur noch zwischen mir und Victor Ponta. Ich bin der einzige im Rennen gebliebene Kandidat, der bereit ist, die Unabhängigkeit von Justiz und Rechtsstaat zu garantieren.“ Wie der Herausforderer von Ponta die Stichwahl für sich entscheiden will, lesen Sie in dem Exklusiv-Interview Klaus Johannis: „Ich bin eine Garantie für eine unabhängige Justiz!“

Korruption war das bestimmende Thema im Wahlkampf. In den vergangenen Monaten hatten immer wieder neue Skandale das Karpatenland erschüttert, in die vornehmlich Politiker der regierenden Sozialdemokratischen Partei verwickelt waren. Der rumänische Staatspräsident hat eine wichtige Funktion im Antikorruptionskampf, insbesondere bei der Besetzung der Staatsanwaltsposten. Die Leiterin der rumänischen Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (DNA), Laura Kövesi, hatte am letzten Wahlkampftag vor der Präsidentschaftswahl der französischen Zeitung L‘Express gegenüber nachdrücklich davor gewarnt, dass für ihre Institution ohne eine Unterstützung durch den künftigen Präsidenten „alles verloren sei“.

Auslandsrumänen protestieren gegen Wahlbenachteiligung


Medienberichten zufolge herrschten für im Ausland lebende Rumänen mitunter chaotische Wahlbedingungen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete über Protestkundgebungen in London, Paris und München gegen die Regierung Ponta, die beschuldigt wurde, Auslandsrumänen gezielt vom Wählen abzuhalten. Mehr als drei Millionen Rumänen leben im Ausland, davon 262 000 in Deutschland (im Oktober 2013 laut Ausländerzentralregister). An den in Berlin, Hamburg, Bonn, Stuttgart und München eingerichteten Wahlzentren bildeten sich teilweise lange Warteschlangen.
Die Wartezeit betrug am rumänischen ...
Die Wartezeit betrug am rumänischen Generalkonsulat in München am Sonntagnachmittag über fünf Stunden. Foto: SbZ
Massive Kritik äußerte der Bundestagsabgeordnete Dr. Bernd Fabritius, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung: „Der am Wochenende für die Demokratie in Rumänien als unglaublich positiv zu bewertende Andrang in den Auslandswahllokalen für die Präsidentschaftswahlen in Rumänien endet im Chaos. Die Umstände, unter denen z. B. im rumänischen Generalkonsulat in München gewählt werden sollte, sind für ein EU-Mitgliedsland völlig inakzeptabel. Zwei Wahllokale für ganz Süddeutschland, nur in München und Stuttgart, sind erkennbar unzureichend! Es kann nicht sein, dass zuerst stundenlange Anreise notwendig ist, um dann noch mehrere Stunden Schlange zu stehen, zumal eine Briefwahl nach rumänischem Recht ausgeschlossen ist. Um dem Ansturm in München Herr zu werden, forderte das rumänische Generalkonsulat letztendlich am Abend Polizeischutz an. Als hunderte Wahlberechtigte zum Zeitpunkt der Schließung der Wahllokale nicht mehr wählen konnten, entbrannten lautstarke und wütende Proteste der aufgebrachten Menge, die zum Glück friedlich blieben. Hinter so viel Versagen steckt System und das ist nicht akzeptabel. Für die Stichwahl in zwei Wochen muss Rumänien für akzeptable Wahlbedingungen sorgen.“ Dieses Hauptanliegen formulierte der Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland gesondert in einem Beschwerdebrief an den rumänischen Botschafter in Berlin, Dr. Lazăr Comănescu.

Robert Schwartz schreibt in seinem Kommentar für die Deutsche Welle („Wahlverhinderung auf rumänische Art“), dass die Auslandsrumänen angesichts der Tatsache, dass die Hälfte der Wahlberechtigten in Rumänien nicht zur Wahl gegangen ist, „das Zünglein an der Waage“ sein könnten. Der Leiter der Rumänien-Redaktion der Deutschen Welle wirft der sozialistischen Regierung eine Benachteiligung der Wähler im Ausland vor: „Tausende Rumänen in Westeuropa mussten nach stundenlangem Warten unverrichteter Dinge abziehen. Zu wenig Wahllokale waren für die geschätzten zwei bis drei Millionen Rumänen, die im Ausland leben und arbeiten, eingerichtet worden. Eine katastrophale Logistik erlaubte nur eine Stimmabgabe im Schneckentempo. Und als die Wahllokale pünktlich geschlossen wurden, standen vielerorts noch Tausende vor den Toren und durften nicht mehr an die Urnen. Faire Wahlen in einer europäischen Demokratie sehen anders aus.“ Die Regierung müsse beim zweiten Wahlgang in zwei Wochen „für einen reibungslosen Ablauf in allen Wahllokalen - auch im Ausland – sorgen“.

Rumäniens Außenminister Titus Corlățean entschuldigte sich zwei Tage nach der Wahl öffentlich für die „bedauerlichen Vorfälle“, meldet die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien, die an ihm und seinem Ressort geübte Kritik sei gerechtfertigt. Für die Stichwahl stellte der Außenminister in Aussicht, „dort, wo die Räumlichkeiten es zulassen“, die Zahl der Wahlkabinen sowie das Personal aufzustocken. Überdies solle das Formular für die Eigenerklärung der Wähler mit Wohnsitz außerhalb des Wahlortes nun auch von der Webseite des Auswärtigen Amtes herunterladbar sein, damit Wähler im Ausland das Formular bereits zuhause ausdrucken und ausfüllen könnten und es im Wahllokal im Beisein der Behörden nur noch zu unterzeichnen bräuchten. Am 10. November erklärte Außenminister Titus Corlățean seinen Rücktritt mit der Begründung, er wolle sich nicht dazu drängen lassen, die Zahl der Wahllokale zu erhöhen.

Christian Schoger


Schlagwörter: Rumänien, Wahl, Staatspräsident, Johannis, Ponta

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