18. Mai 2014

Leserecho: Für einen verantwortungsvollen Umgang mit unserem Kulturerbe

Der aufrüttelnde Beitrag von Architekt Dr. Hermann Fabini über die Renovierung der Stadtpfarrkirche von Hermannstadt, erschienen in der Siebenbürgische Zeitung Online vom 5. Mai 2014 wendet sich an alle Menschen mit wachem Verstand und vor allem an die Frauen.
Liebe Leserinnen, verlieren Sie über der Lektüre nicht den Mut, weil Sie meinen, weder die speziellen Bauprobleme zu verstehen noch die verschiedenen Vorschläge zur Sanierung zeitlich oder inhaltlich auseinanderhalten zu können. Gefragt ist hierbei nur die natürliche und einsichtige Vernunft. Sie lässt sich weder durch Bangemachen (Einsturzgefahr!) noch durch hohen Zeitdruck (… seit sieben Jahren wird mit den Problemen gekämpft, aber eine endgültige Lösung muss heute entschieden werden), noch durch das Versprechen technischer Höchstleistung (Stabilisierung der Wände und Gewölbe durch Metall und Beton, Verbreiterung der Fundamente u. a. m.) beeindrucken.

Es gibt zahlreiche Beispiele, die zeigen, wie verkehrt einseitige Perfektion wirken kann. Wir kennen eine ähnliche Situation aus dem Gebiet der Medizin, wo der Facharzt unseren Bluthochdruck und Cholesteringehalt so gründlich „in den Griff“ bekommen will, dass Gedächtnis, Potenz und soziales Leben des Patienten auf der Strecke bleiben. Um das Ganze nicht aus dem Blick zu verlieren, muss man nach dem Warum und Wozu, dem Grund und Sinn einer Unternehmung fragen.

Im Falle der Sanierung des Kirchengebäudes ist der Grund klar: Das über 500-jährige Bauwerk weist Schäden und Mängel auf. Wozu dient die Renovierung? Die Kirche soll weitere Jahrhunderte für Christen das Gotteshaus und für Musikfreunde ein Konzertsaal sein. Sie wird nach der Renovierung weiterhin das Zentrum und Wahrzeichen der mittelalterlichen Stadt bleiben. So weit, so gut. Aber es muss die vertraute Kirche sein, mit dem ausgetretenen Steinfußboden, dem Wandverputz, der vielleicht noch die Seufzer und Gebete, Gesang und Schnarchen der Kirchgänger aufgesogen hat. Dies könnte durch eine vorsichtige Renovierung, wie sie von den erfahrenen Ingenieurbüros Dr. Krekeler und Prof. Barthel & Maus vorgeschlagen wurde, gewährleistet werden. Die zurzeit genehmigte Art der Renovierung nach dem Projekt einer Ingenieurfirma aus Bukarest verwendet hingegen moderne Methoden und Materialien, die einem mittelalterlichen Bauwerk nicht entsprechen. Die vorgesehenen 14 000 Quadratmeter neuer Verputz und ca. 950 Quadratmeter neuer Steinfußboden, dazu die abenteuerlichen Metallstäbe in den Wänden (300 Tonnen!) sowie 2 000 Kubikmeter Beton können zu späteren Schäden führen und verändern das Objekt endgültig.

Es darf nicht sein, dass uns anstelle des historischen Gebäudes ein Klon gesetzt wird. Das Kunstwerk Kirche ist unersetzbar für unser Gedenken und unsere Selbstvergewisserung. Es ist wünschenswert, dass unser Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland den Aufruf von Dr. Fabini zum verantwortungsvollen Um- gang mit unserem Kulturerbe mit Nachdruck unterstützt.

Johanna Letz, München

Schlagwörter: Leserecho, Hermannstadt, Denkmalpflege

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