4. Dezember 2018

Nachruf auf Rolf Frieder Marmont

Der siebenbürgische Schriftsteller Rolf Frieder Marmont ist am 8. November 2018 im Alter von 73 Jahren in Hannover gestorben.
Geboren wurde Rolf Frieder Marmont am 4. Dezember 1944 in Kronstadt. Hier besuchte er auch die deutschsprachigen Schulen und bestand 1963 die Reifeprüfung. Nach dem anschließenden Studium der Germanistik und Anglistik in Bukarest begann seine berufliche Laufbahn in der Landeshauptstadt als Nachrichtenredakteur und Sprecher des deutschsprachigen Programms von Radio Bukarest (1968-1971). 1972 wechselte er als Lektor zum Kriterion Verlag, dem er über zehn Jahre die Treue hielt. Die Arbeit bereitete ihm viel Freude, zumal er schon als Schüler ein außergewöhnlich eifriger Leser war, eine Eigenschaft, die ihm jetzt zu Gute kam.

Schon früh hatte er auch mit dem Schreiben begonnen, erst Gedichte (literarisches Debüt 1966 in der Zeitschrift Neue Literatur), dann Übersetzungen aus dem Rumänischen, aus dem Deutschen ins Rumänische, aus dem Englischen und Spanischen. So erschien z.B. 1972 die rumänische Übersetzung des Kurzromans „Der fragwürdige Bericht Jakob Bühlmanns“ von Arnold Hauser. Nachdem in Klausenburg auch der Dacia Verlag gegründet worden war, folgten Jahre der literarischen Fruchtbarkeit einer jungen Generation (Anemone Latzina, Frieder Schuller, Claus Stefani, Franz Hodjak, Bernd Kolf, Gerhard Eike etc.), die nun auch die Möglichkeit zur Veröffentlichung hatte. Rolfs erster (und vielleicht letzter) Gedichtband „Die fünfte Jahreszeit“ erschien 1974 bei Dacia, wo Hodjak als Lektor tätig war.

In den späten achtziger Jahren, noch vor der Wende, gelang es Rolf, aus familiären Gründen auf Besuch nach Deutschland zu kommen. Dieses war umso erstaunlicher, als er zu den wenigen Aufrechten in diesem Metier gehörte, die nie Parteimitglied oder Securitate-Mitarbeiter waren. Nach dem schweren Entschluss, seine Frau vorerst in Rumänien zurückzulassen, blieb er in Hannover und erhielt eine Stelle bei einem Verlag für Werbetexte. Die Arbeit machte ihm wenig Spaß und mit den Arbeitskollegen kam er schlecht zurecht. Dankbar folgte er meiner Bitte, bei der Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik in der Redaktion mitzuarbeiten, wo ich seit dem ersten Heft (April 1989) dabei war. Von 2001 bis 2014 betreute er den literarischen Teil der Zeitschrift verlässlich und gewissenhaft.

Das Ableben seiner Frau vor acht Jahren konnte er nie ganz verkraften und häufige Depressionen lähmten ihn immer öfter bei der Arbeit. Trotzdem schrieb er weiter sporadisch Gedichte, die er auch in anderen Zeitungen veröffentlichte (NZZ) oder mir zuschickte. Das frühe Gedicht „Skepsis“, das ich von ihm handschriftlich besitze, drückt seine allgemeine Gemütslage treffend aus: „Dass die Lerche wieder einmal/im Äther jubelt/und die Kastanien ihre Kerzen anstecken/bedeutet nicht viel./Die armen Bäume leuchten nicht weit./Es ist längst schon aller Tage Abend.“

Rolf verstarb krank und vereinsamt am 8. November 2018 in einem Altenheim in Hannover. Mit ihm verliere ich einen nicht immer bequemen, aber guten Freund.

Dr. Wolfgang Knopp

Schlagwörter: Kultur, Nachruf, Dichter, Literatur, Kronstadt, Hannover

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