31. Mai 2013

Siebenbürger Sachsen gestalten ihre Heimat kraftvoll mit

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und die nordrhein-westfälische Staatssekretärin Zülfiye Kaykın haben den herausragenden Beitrag der Siebenbürger Sachsen und deutschen Vertriebenen zum Aufbau ihrer neuen Heimat gewürdigt. Der Bundesvorsitzende Dr. Bernd Fabritius rief seine Landsleute auf, ihre siebenbürgisch-sächsische Identität zu erhalten und ihre Gestaltungskraft in die Gesellschaft einzubringen. Dies sind nur einige der vielen aufbauenden Botschaften, die die 20000 Besucher des 63. Heimattages der Siebenbürger Sachsen vom 17. bis 20. Mai 2013 in Dinkelsbühl erfahren haben. Das Motto „Wir gehören dazu – Dank und Verpflichtung“ erinnerte an das vor 60 Jahren verabschiedete Bundesvertriebenengesetz und bot Anlass zu tiefsinnigen Gedanken über die aktuelle Lage der Siebenbürger Sachsen im Spannungsfeld zwischen alter und neuer Heimat.
2700 Trachtenträger in 95 Gruppen – so viele wie noch nie – nahmen am Festzug durch die mittelalterlichen Straßen teil. Zum ersten Mal dabei waren drei Gastgruppen (Bistritzer Tanzgruppe Regenbogen, Tanzgruppe der Banater Schwaben Crailsheim, Kindertanzgruppe Wels), der Kreisverband Weilheim des landsmannschaftlichen Verbandes und sieben Heimatortsgemeinschaften (Bistritz-Nösen, Galt, Kleinschenk, Magarei, Maldorf-Hohndorf, Scharosch an der Kokel und Seiburg).

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Starker Regen am Sonntagnachmittag nach dem Trachtenzug zwang die Redner, sich bei der anschließenden Festkundgebung vor der Schranne kurz zu fassen, beeinträchtigte aber weder die gute Stimmung noch die Qualität des rundum gelungenen Begegnungsfestes.

Bischofsvikar Dr. Daniel Zikeli übermittelte den ...
Bischofsvikar Dr. Daniel Zikeli übermittelte den Pfingstgruß bei der Festkundgebung vor der Schranne. Foto: Eric Scherer
Den Pfingstgruß der Heimatkirche übermittelte zu Beginn der Festkundgebung am Sonntagnachmittag Dr. Daniel Zikeli, Bischofsvikar der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien und Stadtpfarrer in Bukarest, der am Morgen auch im Gottesdienst gepredigt hatte. Er rief dazu auf, „gemeinsam zu handeln, ohne Furcht, sondern im Vertrauen darauf, dass die Zukunft Gott gehört. Lasst uns in Liebe handeln, in aufrichtigem Respekt zueinander und für den Erhalt und die Bewahrung des großen historischen Erbes, wofür wir alle Verantwortung tragen müssen. Lasst uns aber auch in Kraft wirken, die uns als weltweite siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft bewusster und überzeugter auftreten lässt, aber auch in Besonnenheit, die uns geduldiger und verständnisvoller macht.“

Das Leitwort des Heimattages, „Wir gehören dazu – Dank und Verpflichtung“ bringe die Dankbarkeit der Siebenbürger Sachsen für die Aufnahme in Deutschland zum Ausdruck und mache deutlich, „dass wir Teil der deutschen Gesellschaft sind, dass wir hier Annahme und auch Unterstützung benötigen und dass wir dieser Gesellschaft dafür auch etwas zurückgeben können und wollen“, sagte Dr. Bernd Fabritius, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen und Präsident der weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen, in seiner Begrüßungsansprache.

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Er zitierte aus der Europarede, die Bundespräsident Joachim Gauck im Februar dieses Jahres gehalten hatte: „Frage nicht, was Europa für dich tun kann, frage vielmehr, was du für Europa tun kannst!“ In diesem Sinne forderte Bernd Fabritius seine Landsleute auf, nicht gleichgültig zu sein, sondern ihre kulturelle Identität zu erhalten und ihre Gestaltungskraft in die Gesellschaft einzubringen (Lesen Sie die Festansprache in voller Länge in der SbZ Online).
Steckten mit ihrer Begeisterung und Fröhlichkeit ...
Steckten mit ihrer Begeisterung und Fröhlichkeit an: Kinder aus Augsburg beim Festumzug in Dinkelsbühl. Foto: Christian Melzer
Bayern wäre nicht das Land, das es heute ist, ohne Siebenbürger Sachsen und ohne Heimatvertriebene“, betonte Ministerpräsident Horst Seehofer. Den Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation, den die bayerische Staatsregierung vier Tage zuvor beschlossen hatte, wolle man gemeinsam mit der Jugend, die beim Festumzug in Dinkelsbühl in großer Zahl vertreten sei, gestalten, sagte Seehofer. Aus diesem Gedenken, aus dem Blick in die Vergangenheit, erwachse die Verpflichtung, dass sich Vertreibung und Flucht in Zukunft nicht wiederholen dürften. Die Anwesenheit des rumänischen Außenministers begrüßte er als „ein Beispiel für europäische Verbundenheit, Dialog, Freundschaft und Partnerschaft“ (siehe Seehofers Festansprache in dieser Zeitung).

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Rumäniens Außenminister Titus Corlățean dankte dem Verband der Siebenbürger Sachsen dafür, dass er das siebenbürgisch-sächsische Kulturerbe in Deutschland und in Siebenbürgen am Leben erhalte. Als Minister der rumänischen Regierung bekannte er sich zur großartigen Kultur der Siebenbürger Sachsen: „Nicht nur Sie, die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft, haben eine besondere Verantwortung, diese Traditionen zu pflegen, sondern auch die deutschen Behörden und wir in Rumänien“, betonte der Außenminister.

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Er berichtete über ein Gespräch, das er am 3. Februar 2013 am Rande der Sicherheitskonferenz in München mit dem Bundesvorsitzenden Bernd Fabritius geführt habe. Das langjährige Anliegen des Verbandes, eine Entschädigung für die Russlanddeportierten zu erreichen, habe die rumänische Regierung in einem Gesetzesentwurf umgesetzt. Der Senat, das Oberhaus des rumänischen Parlaments, habe die Gesetzesänderung am 14. Mai verabschiedet. Corlățean zeigte sich überzeugt, dass das Gesetz in wenigen Wochen auch in der Abgeordnetenkammer angenommen werde, da es für die Wiedergutmachung der ehemaligen Zwangsverschleppten einen breiten politischen Konsens in Bukarest gebe (siehe Festrede in der SbZ Online).
Ehrengäste auf der Festtribüne, von links: Horst ...
Ehrengäste auf der Festtribüne, von links: Horst Seehofer mit Gattin Karin, Dr. Bernd Fabritius, Titus Corlățean, Erika Steinbach und Barbara Stamm. Foto: Siegbert Bruss
Zum Abschluss der Festkundgebung dankte die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, allen Teilnehmern und ganz besonders dem bayerischen Ministerpräsidenten für die Einführung des Gedenktages, verbunden mit der Hoffnung, „dass auch andere nachziehen werden“. Die CDU-Politikerin regte an, die wunderschönen Trachten zum Weltkulturerbe zu erheben (siehe Grußwort in dieser Zeitung).

Die Begrüßung zur offiziellen Eröffnung des Heimattages hatte Rainer Lehni, Stellvertretender Bundesvorsitzender und Vorsitzender der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, am 18. Mai im Schrannenfestsaal vorgenommen. Mitausrichter des Heimattages war die Landesgruppe NRW, die seit 1951 besteht und heute rund 4000 Mitglieder zählt. Zum ursprünglichen Kern dieser Gemeinschaft gehören drei siebenbürgisch-sächsische Siedlungen, die vor 60 Jahren gegründet wurden, sagte Lehni. Im Frühjahr 1953 seien Siebenbürger Sachsen aus Österreich in die Bergbaugebiete Nordrhein-Westfalens zugewandert und hätten sich in Herten-Langenbochum und Oberhausen-Osterfeld im Ruhrgebiet sowie in Setterich im Aachener Kohlerevier eine neue Existenz aufgebaut. Diese Siedlungen hätten die Landesregierung Nordrhein-Westfalen veranlassst, 1957 die Patenschaft über die Siebenbürger Sachsen zu übernehmen.

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Zu dieser Patenschaft bekannte sich Zülfiye Kaykın, Staatssekretärin für Integration beim Minister für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen. In ihrer Rede zitierte sie aus der Patenschaftsurkunde von 1957, die auch heute gültig sei: „Mit diesem Akt bekundet das Land Nordrhein-Westfalen seine Verbundenheit mit der Volksgruppe der Siebenbürger Sachsen, deren Urheimat weite Gebiete Nordrhein-Westfalens sind, und seinen Willen, die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in ihren Aufgaben zu unterstützen.“ Die Siebenbürger Sachsen seien „ein Beispiel für gelungene Integration in die moderne Gesellschaft, in die Stadtgesellschaft, in der sie leben, ohne dabei ihre Traditionen aufgegeben zu haben“, sagte die SPD-Politikerin. „Wir lernen aus der Geschichte der Siebenbürger Sachsen, dass Zukunft nur miteinander und nie durch Ausgrenzung gestaltet werden kann“. Zudem würdigte Kaykın den „großen Beitrag“, den Millionen von deutschen Heimatvertriebenen zum Wiederaufbau Deutschlands und zu einem friedlichen Europa geleistet hätten (siehe Festansprache in dieser Zeitung).

Dinkelsbühls Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer sprach bei der Eröffnungsveranstaltung des Heimattages von einer Zugehörigkeit, die die Menschen örtlich, deutschlandweit und in Europa verbindet. Er hieß die Siebenbürger Sachsen herzlich willkommen in Dinkelsbühl und dankte ihnen für den wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung der Stadt. Das vor 60 Jahren verabschiedete Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz bezeichnete Dr. Hammer auch heute als notwendige Voraussetzung für die Eingliederung der deutschen Aussiedler in Deutschland. Zudem plädierte der CSU-Politiker für ein Festhalten an europäischen Werten und ein friedliches Miteinander (siehe Ansprache in der SbZ Online).

Christiane Cosmatu, Unterstaatssekretärin im Departement für interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der rumänischen Regierung, dankte für die bundesdeutsche Unterstützung, die Rumänien in der Bildung, Wirtschaft und vielen anderen Bereichen zugute komme. Sie freute sich, dass „wir uns hier austauschen und gemeinsam eine Brücke zwischen dem alten und neuen Heimatland schlagen können“. Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien habe vorgezeigt, was alle 20 ethnische Minderheiten in Rumänien versuchten: Brücken zu ihrem jeweiligen Mutterland zu schlagen.

Das Motto des Heimattages bringe die Loyalität der Siebenbürger Sachsen zum Ausdruck, sagte Dr. Paul Jürgen Porr, neuer Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, der zuvor 17 Jahre lang den Vorsitz des Siebenbürgenforums inne hatte. Loyalität charaktierisierte die Siebenbürger Sachsen in ihrem Herkunftsgebiet, egal ob der Staat, in dem sie lebten, Österreich-Ungarn, Ungarisches Königreich, Königreich Rumänien oder Republik Rumänien hieß. Diese Eigenschaft hätten die ausgewanderten Siebenbürger Sachsen auch in ihre neue Heimat mitgenommen, nach Deutschland, Österreich, Kanada oder in die USA, „wo sie als loyale Bürger perfekt integriert sind, ohne aber ihrer Identität und Tradition aufzugeben“. Der Dank und die Verpflichtung seien beidseitig: sowohl seitens der Siebenbürger Sachsen gegenüber ihrer neuen Heimat als auch der Länder für die aufbauende Rolle der angesiedelten Volksgruppen, betonte Dr. Paul Jürgen Porr.

In seinem Grußwort sagte Hofrat Magister Pfarrer Volker Petri, Bundesobmann des Bundesverbandes der Siebenbürger Sachsen in Österreich, dass das Motto „Wir gehören dazu“ gleichermaßen für die Landsleute in Österreich, Deutschland, Kanada oder den Vereinigten Staaten gültig sei. „Wir gehören dazu“ bedeute aber auch „unsere gefühlsmäßige Zugehörigkeit, unsere geschichtliche Verwurzelung in Siebenbürgen. Dass wir auch DAZU gehören, davon geben unsere Heimattage, unsere einzigartigen Trachten und unsere besondere Identität Ausdruck. Für unsere Nachkommen ist es der Hintergrund, die Wurzel und die Prägung, die weiterwirkt. Weil wir HIER und zur alten Heimat Siebenbürgen dazugehören, haben wir ein zusätzliches wertvolles Erbe. Es ist für viele die Erfahrung aus zwei Welten und Kulturen. Das aber soll nicht überhöhten Stolz vermitteln, sondern uns zu tiefem Dank leiten und uns in die Pflicht nehmen, das einzubringen, was uns geschenkt wurde. Es geht darum, das zu vermitteln, was an christlichem Gemeinschaftsgeist, Zusammenhalt und Vertrauen uns kennzeichnet und sich in den Jahrhunderten, besonders in schweren Zeiten, bewährt hat.“

Dekan i.R. Hermann Schuller, Vorsitzender der Gemeinschaft Evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD, wies auf einen zusätzlichen Aspekt hin, für den wir dankbar seien: Die Sprache Goethes und Schillers sei uns, trotz vielfältigen Leids, in Rumänien nicht weggenommen worden. Diese Sprache befähige uns auch heute, Gemeinschaft zu gestalten und uns in die Gesellschaft einzubringen.
Bundesvorsitzender Dr. Bernd Fabritius (rechts) ...
Bundesvorsitzender Dr. Bernd Fabritius (rechts) überreicht Dr. Jost Linkner die „Pro Meritis“-Verdienstmedaille, in der Mitte Bundesobmann Volker Petri. Foto: Sieglinde Schuster
Im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung wurde Dr. Jost Linkner die „Pro Meritis“-Verdienstmedaille verliehen. Er hat siebenbürgisch-sächsische Geschichte und Kultur dokumentiert und für die kommenden Generationen bewahrt. Wie Bundesobmann Volker Petri in seiner Laudatio hervorhob, habe Jost Linkner „als Zeitzeuge und gewissenhafter Siebenbürger Sachse aus Bistritz, Jahrgang 1923, am eigenen Leib die bewegte Zeit, den unheilvollen Umbruch, Krieg , Gefangenschaft und Heimatverlust erlitten sowie neue Heimat in Österreich gefunden. Zum beliebten und geschätzten Facharzt für Frauenheilkunde in Wels verhalfen ihm neben der fachlichen Ausbildung, dem Medizinstudium, seine Sensibilität, Vertrauenswürdigkeit und ein Einfühlungsvermögen.“ Diese Gaben prägten auch seine Bücher. Dr. Jost Linkner wurde zum „nordsiebenbürgischen Chronisten“ in Österreich und verfasste neun nordsiebenbürgische Ortsmonographien mit über 2500 Seiten und 1000 Fotos. Bei mindestens sieben weiteren Heimatbüchern vermittelte er wichtige Informationen, beriet die Autoren und machte ihnen Mut, sich dieser Aufgabe zu stellen. Volker Petri sagte, Dr. Linkner habe neben den historischen, oft nüchternen Fakten auch „die noch lebendige Erinnerung an die alte Heimat, das einstige nachbarschaftliche und kirchliche Leben und den Alltag“ überliefert. In den Archiven in Budapest, Bistritz und Wien usf. habe er geforscht und Quellen erschlossen. „Seine Bücher bemühen sich um Objektivität, versuchen nicht zu verklären, sondern wollen erinnern, vergegenwärtigen, informieren. Sie verweilen nicht im Episch-Wissenschaftlich-Nüchternen, sondern atmen die Lebendigkeit des Gelebten und noch in uns Fortlebenden.“

Bistritzer Bürgermeister: „Wir sind Erben der hochentwickelten Zivilisation der Siebenbürger Sachsen“

Mit dem Großen Ehrenwappen würdigte der Verband der Siebenbürger Sachsen den Bistritzer Bürgermeister Ovidiu Teodor Crețu „für seine herausragenden Verdienste und sein weitreichendes Engagement bei der Umsetzung siebenbürgisch-sächsischer Anliegen und deren Einbeziehung in das Leben der Stadt Bistritz sowie in dankbarer Anerkennung seiner tatkräftigen Unterstützung bei der Beseitigung der Schäden nach dem Brand der evangelischen Stadtpfarrkirche am 11. Juni 2011“.

Der Bistritzer Bürgermeister Ovidiu Teodor ...
Der Bistritzer Bürgermeister Ovidiu Teodor Crețu mit dem Goldenen Ehrenwappen des Verbandes. Foto: Sieglinde Schuster
In seiner Dankesrede sprach Bürgermeister Ovidiu Teodor Crețu von einem „göttlichen Zeichen“ am Anfang seiner ersten Amtszeit: Der Brand der evangelischen Stadtpfarrkirche habe fast dazu geführt, „dass wir das Wahrzeichen unserer Stadt verloren hätten“. „Diese Ohrfeige von oben hat uns wachgerüttelt und uns bewusst gemacht, dass unsere Denkmäler in Bistritz sterblich sind, wenn wir sie nicht pflegen und bewahren“, sagte Crețu. Das habe die Stadtverwaltung, evangelische Kirche, das Deutsche Forum, die Einrichtungen und alle Bürger der Stadt veranlasst, ihre Kräfte zu bündeln, um das siebenbürgisch-sächsische Kulturerbe neu zu beleben, beginnend mit dem Wiederaufbau der Kirche. Um das zu erreichen, hätte man Wissen gebraucht, das aber nicht mehr in Bistritz vorhanden gewesen sei, sondern bei Dr. Hans Georg Franchy in Drabenderhöhe, Horst Göbbel in Nürnberg und Dr. Günter Klein in Freiburg. So wurden die Beziehungen zur HOG Bistritz-Nösen e.V. gefestigt und dieses Wissen zurück nach Bistritz gebracht. Die heutigen Bürger der Stadt Bistritz hätten verstanden, dass sie Erben und Nachfolger einer hochentwickelten Kultur und Zivilisation sind, die die Siebenbürger Sachsen in Bistritz und anderen wichtigen Städten in Siebenbürgen aufgebaut haben. Die Bürger auf seiner Seite wissend, konnte Bürgermeister Crețu Teile des mittelalterlichen Kerns restaurieren und versucht nun Bistritz in kleinen Schritten zu dem zu bringen, was es früher einmal war. Das Motto des Heimattages treffe auch auf die heutigen Bewohner der Stadt Bistritz zu, „denn auch wir gehören dazu“. Sie gehörten zu dieser hochentwickelten Zivilisation, die die Siebenbürger Sachsen in acht Jahrhunderten geschaffen haben. „Wir danken euch, den biologischen Nachkommen, denn Nachkommen sind auch wir, dank der Verantwortung, die wir wahrnehmen. Wir danken für das, was ihr uns gelassen habt, und verpflichten uns, dass es nicht stirbt und dass wir es in die Zukunft tragen.“ Dass die Siebenbürger Sachsen ihre Identität auch nach der Auswanderung nicht verloren hätten, wundert Crețu nicht. „Wie könnte eine Zivilisation, die so hochentwickelt und leistungsfähig ist, denn ihre Identität verlieren? Es ist doch natürlich, dass sie weiterlebt!“, rief der rumänische Bürgermeister den Siebenbürger Sachsen zu.

Mit dem Goldenen Ehrenwappen des Verbandes wurde auch das Zentrumsforum Bistritz für sein „Engagement im Dienste unserer Gemeinschaft und in Anerkennung seines erfolgreichen Wirkens zur Erhaltung siebenbürgisch-sächsischer Kultur und Traditionen in Rumänien“ gewürdigt. Dieses Kulturerbe wollen wir weiter hochhalten, versicherten Thomas Hartig, Geschäftsführer, und Ioan Arcălean, die die Auszeichnung entgegennahmen. Die Tanzgruppe „Regenbogen“ des Bistritzer Forums unter der Leitung von Ioan Arcălean wirkte sowohl beim Trachtenumzug als auch bei der Tanzveranstaltung der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland mit.

Die Tanzgruppe „Regenbogen“ des Bistritzer ...
Die Tanzgruppe „Regenbogen“ des Bistritzer Forums unter der Leitung von Ioan Arcălean. Foto: Lukas Geddert

Niveauvolles Programm

Zu dem niveauvollen Programm des Heimattages gehörten Ausstellungen, Konzerte, Tanzveranstaltungen, Lesungen, die Podiumsdiskussion zum Thema „60 Jahre Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz – Dank und Verpflichtung“ und – als kultureller Höhepunkt – die Preisverleihungen am Pfingstsonntag in der St.-Pauls-Kirche (diese Zeitung berichtete). Mit der Honterus-Medaille des Siebenbürgenforums wurde die Präsidentin des Bayerischen Landtags, Barbara Stamm, für ihr außerordentliches soziales Engagement ausgezeichnet (siehe Bericht in der SbZ Online). Der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturpreis 2013 wurde an den Schriftsteller Franz Hodjak und den Musiker Prof. Heinz Acker verliehen. Hodjak bereicherte den Heimattag mit einer Lesung, Heinz Acker präsentierte anhand von Klangbeispielen seine Suite für Chor, Soli und Orchester „Carmina selecta – Südöstlicher Divan“. Den Siebenbürgisch-Sächsischen Jugendpreis erhielt Pfarrer Wolfgang Rehner.

Unter dem Titel „Zünfte, Nachbarschaften und Bruderschaften in Mediasch – Zeugnisse europäischer Stadtkultur in Siebenbürgen“ präsentierten das Mediascher Munizipalmuseum und das Haus der Geschichte in Dinkelsbühl eine Rückschau auf das Gemeinschaftsleben in der alten sächsischen Stadt.

Die sehenswerte Ausstellung „Oberths Energie“ wurde in Zusammenarbeit mit dem Hermann-Oberth-Raumfahrt-Museums in Feucht bei Nürnberg gezeigt. Die Ausstellung „Auf Heimatsuche – 60 Jahre Kohleaktion“ dokumentierte siebenbürgisch-sächsische Siedlungen in Nordrhein-Westfalen. Die Landesgruppe NRW steuerte zudem die Brauchtumsveranstaltung „Ein Jahr im Weinberg“ (Singspiel von Susanna Kräutner) bei, gestaltet vom Honterus-Chor Drabenderhöhe, der Kindertanzgruppe und Erwachsenentanzgruppe aus Drabenderhöhe. Einen Liederabend bestritt der Tenor Dieter Wagner, am Klavier begleitet von seiner Tochter Mirjam Wagner.

Integrationskraft der siebenbürgisch-sächsischen Kultur

Historische Fotografien aus dem Nachlass der Brüder Fischer zeigte das Friedrich-Teutsch-Haus in Hermannstadt in der Ausstellung „Jenseits des Verschwindens“. Bei der Finissage sprach Pfarrer Dr. Stefan Cosoroabă, Referent für Institutionelle Kooperation der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, Pfarrer in Michelsberg, über die „Die Kraft von Kultur und Gemeinschaft“. Die Brüder Emil und Joseph Fischer gehörten „zur Identität der Siebenbürger Sachsen organisch dazu, und das obwohl sie keine Siebenbürger Sachsen waren“. Sie seien jedoch durch die Kraft von Kultur und Gemeinschaft integriert worden und hätten zahlreiche sächsische Fotomotive wie Kirchenburgen, Trachten oder Bilder des Dorflebens aufgenommen. „Joseph und Emil Fischer sind für uns heute ein Beispiel dafür, dass Integration möglich und gut ist. Sie sind ein Paradigma dafür, dass ehemalige Fremde siebenbürgisch-sächsische Kulturleistungen erbringen können.“ So wünschte Dr. Cosoroabă „uns allen, in Rumänien und in Deutschland, dass möglichst viele Fremden uns näher rücken und schließlich zu Trägern von Kultur und Gemeinschaft werden“.

Pfarrer i.R. Hans-Martin Trinnes betonte in seiner Festansprache, die wegen des Regens von der Gedenkstätte der Siebenbürger Sachsen in die St. Paulskirche verlegt werden musste, dass wir dazu gehören – mit unseren Gaben und Erfahrungen. „Die Begabungen, die wir mitbringen, die Erfahrungen aus einer ganz anders gearteten Gesellschaftsordnung, aber auch die Lebenseinstellung, als Wanderer zwischen den Welten – sie sind wertvolle Gaben, für die wir dankbar sein dürfen und die wir in aller Bescheidenheit einbringen können – an dem Ort, wo wir heute in der Gesellschaft stehen.“ (Lesen Sie Trinnes' Rede in der Siebenbürgischen Zeitung Online vom 2. Juni 2013.)

Die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland gestaltete in bewährter Weise die Volkstanzveranstaltung „Aus Tradition und Liebe zum Tanz“, präsentierte den siebenbürgischen Nachwuchs in der Schranne und zeichnete verantwortlich für die Sportturniere (Volleyball, Fußball, Tennis) beste Partystimmung im Festzelt auf dem „Schießwasen“ und vieles mehr (siehe Jugendbericht in dieser Zeitung).

Siegbert Bruss


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Schlagwörter: Heimattag 2013, Dinkelsbühl, Verband, Politik, Europa, Kultur, SJD, Nordrhein-Westfalen

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